Kommentar: Was kommt nach Laschet?
Die CDU braucht eine neue Kultur
2.11.2021, 18:31 UhrDie grundsätzliche Erneuerung der CDU wird nicht einfach sein. Es ist mit Sicherheit nicht allein damit getan, ein basisnäheres Verfahren zur Bestimmung der neuen Führung zu finden. Es muss auch um eine neue innerparteiliche Debattenkultur und vor allem auch um neue Inhalte gehen. Das verheerende Ergebnis der Bundestagswahl hat nicht nur der Union gezeigt, dass alle politischen Parteien sich strukturell und inhaltlich neu aufstellen müssen. Das gilt besonders angesichts der neuen Herausforderungen durch die sozialen Medien auf die Debattenkultur.
Zwar meint der Noch-Vorsitzende Armin Laschet es sicher gut, wenn er in den nächsten Tagen noch für eine konsensuale Lösung werben will, die dann in eine Einigung auf eine Person und ein Team mündet und möglicherweise die Mitgliederbefragung obsolet macht. Es ist aber zu hoffen, dass genau das nicht passiert. Die Christlich-Demokratische Union als seit Jahrzehnten tragende Säule der deutschen Demokratie sollte sich vielmehr zutrauen, einen echten Wahlprozess voll transparent durchzuziehen, bei dem die Basis wirklich mitbestimmen kann und der am Ende nicht den geringsten Anlass für Unkenrufe gibt, es habe sich ja wieder um eine Hinterzimmer-Entscheidung gehandelt.
Wenn das funktioniert, kommt die zweite Herausforderung an die Gesamtpartei, vor allem aber an die Unterlegenen: Es muss Schluss sein mit gegenseitigen „Schmutzeleien“ auf offener Bühne. Natürlich kann es in einer Stichwahl knapp werden. Denkbar ist das beispielsweise zwischen Friedrich Merz und Norbert Röttgen. Und genau an dieser Stelle wird sich zeigen, ob die Spitzenpersönlichkeiten den „Geist haben, das Wahlergebnis auch zu akzeptieren“, wie es Laschet formulierte. Davon wird entscheidend abhängen, ob die CDU sich wieder, ohne im wahrsten Sinn des Wortes rot zu werden, Volkspartei nennen kann. Es geht darum, dass die Wertkonservativen im Fall ihres Wahlsieges die Sozial-Liberalen glaubwürdig einbinden und umgekehrt.
Das ist dann die Arbeit von Programmkommissionen, die gleich nach dem Parteitag beginnen sollte. Bei dieser Arbeit müssen alle Kandidaten und ihr Gefolge voller Überzeugung mithelfen. In den zeitgleich beginnenden Landtagswahlkämpfen können sie dann aus der internen inhaltlichen Debatte heraus die gemeinsame Sache konstruktiv voranbringen, anstatt den Kampf profilarm gegen reale oder eingebildete externe Gegner zu führen. Es kommt eben nicht darauf an, dass die CDU „rechter“ oder „linker“ wird, sondern darauf, dass sie mit kräftigen, fundierten Positionen ihre Oppositionsrolle im Bund und die Regierungsrolle in den Ländern wahrnimmt. Die Zeit des Kanzlerinnenwahlvereins ist ein für allemal vorbei.
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