„Die ganze Stadt steigt mit auf“
18.4.2012, 10:00 UhrFÜRTH — Markus Brauns Stimme hat hörbar gelitten: Das Mitgrölen bei der Aufstiegsfeier in nächtlicher Kälte, die Euphorie, die kurze Nachtruhe — all das ist nicht spurlos an Fürths Bürgermeister vorbeigegangen, der auch für den Bereich Sport verantwortlich zeichnet und am Tag danach das Sagen hat im Rathaus. OB Thomas Jung ist wegen eines kleinen operativen Eingriffs unpässlich.
Also darf Markus Braun über Fürther Befindlichkeiten im ungewohnten Aufstiegstaumel philosophieren, über den „Jahrhunderttraum“, der da endlich in Erfüllung gehe. „Einfach fantastisch“ sei das doch, krächzt der 44-Jährige, den der Vater schon als „kleiner Bu“ mit ins Ronhof-Stadion nahm und der selbst in der Jugend des Vereins kickte.
Doch nun sitzt Braun in der Chefetage des Rathauses und lenkt seinen Blick rasch über das rein Sportliche und über das Emotionale hinaus. „Da steigt nicht nur ein Verein auf, sagt der Bürgermeister, „die ganze Stadt steigt mit auf.“ Die kommunalen Führungskräfte sind sich allesamt sicher: Investoren werden dank des Vehikels Bundesliga auf Fürth aufmerksam werden, „die Region wird nicht mehr nur über Nürnberg und Erlangen wahrgenommen“, prophezeit Braun und kalkuliert: „Wenn wir diesen Werbeeffekt bezahlen müssten, würde er Millionen kosten.“
Jeder könne nun erkennen, „dass wir hier fleißige Leute, qualifizierte Arbeitskräfte und ein großes Wachstumspotenzial haben“. Dem Mann aus der Stadtspitze ist wie vielen Fürthern in diesen Tagen anzumerken: Man ist es gründlich leid, als „graue Maus“ geschmäht zu werden — man strebt nach oben, und der Fußball steht sinnbildlich dafür. In der Euphorie der Aufstiegsnacht, mitten im Getümmel der Altstadt, hat es der Pfarrer einer Innenstadtgemeinde auf den Punkt gebracht: „Jetzt sind wir auch mal in der ersten Reihe.“
Was das in Euro und Cent bringen könnte, damit beschäftigt sich Horst Müller schon seit Jahren. Denn immer wieder, wenn die Spielvereinigung ans Tor der Bundesliga klopfte, wurde der städtische Wirtschaftsreferent nach zu erwartenden monetären Auswirkungen des Aufstiegs auf die Kommune gefragt. Für Müller rücken dabei die Fanströme in den Blickpunkt. Rund drei Millionen Euro jährlich, hat eine wissenschaftliche Studie im Auftrag der Stadt ergeben, sind schon zu Zweitliga-Zeiten dank anreisender Fußballfans nach Fürth geflossen; in Bundesliga eins rechnet Müller mit einem erheblichen Anstieg. Hinzu kommen die Steuermillionen, die das „mittelständische Unternehmen“ SpVgg Greuther Fürth an die Stadtkasse abführt. Auch hier dürfe man, schon wegen der zwei- bis dreifach höheren TV-Einnahmen des Vereins, von deutlichen Zuwächsen ausgehen.
Überstrahlt wird all das jedoch auch in Müllers Augen vom „absolut unbezahlbaren Imagefaktor“. Die Sympathie schlage Fürthern schon jetzt allerorten entgegen, hat er beobachtet. Er geht deshalb davon aus, dass ihm künftig eines erspart bleibt: bei Fachtagungen in Deutschland zuerst auf das leidige Thema Quelle-Pleite angesprochen zu werden.
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