Ende einer Karriere: SPD-Chefin Natascha Kohnen zieht sich zurück
14.11.2020, 14:47 UhrNur wenige ihrer engsten Vertrauten wussten, was Natascha Kohnen plant. Sie selbst wartete bis ganz zum Ende der Vorstandssitzung. Dann erst verkündete sie nach Teilnehmerangaben, was sie seit Monaten vorbereitet hat: Sie werde nicht erneut für den Parteivorsitz kandidieren, sondern die Führung der bayerischen SPD in neue Hände geben.
Im März, so ist der aktuelle Plan, soll der nächste Parteitag stattfinden. Wenn die Corona-Pandemie es denn zulässt. Womöglich wählt die Partei dann zum ersten Mal eine Doppelspitze. Denn der Vorstand bringt eine Satzungsänderung auf den Weg, die dem Vorbild der Bundespartei folgt. Sie sieht vor, dass die Delegierten entscheiden können, ob sie ein oder zwei Köpfe an der Spitze haben wollen. "Eine Doppelspitze auf Teufel komm raus soll es nicht geben", sagte Kohnen.
Kohnen begründet ihren Verzicht auf weitere zwei Jahre als SPD-Chefin damit, dass sie "mehr Jüngere in die Verantwortung an der Spitze" bringen wolle. "Denn die Zukunft ist ihre". Auf die schwere Wahlschlappe 2018, die sie mit zu verantworten hat als Spitzenkandidatin, geht sie nicht ein. Die SPD war bei der Landtagswahl unter den Zehn-Prozent-Marke gerutscht; ihr Ergebnis hatte sich mehr als halbiert. Sie rutschte damit auf Platz fünf unter den sechs Landtagsfraktionen ab, noch hinter der AfD. Lediglich die FDP war noch schwächer.
Die 53-Jährige erklärte nach der Niederlage, sie hänge nicht an ihrem Amt, sie werde aber weitermachen, sollte das der Wunsch ihrer Partei sein. Viele, sagte sie später, hätten sie zum Weitermachen aufgefordert. Wenige Monate nach der Wahl entschied sie sich fürs Bleiben.
Natascha Kohnen: Der lange Abschied einer Hoffnungsträgerin
Seitdem war es ruhig um Kohnen geworden. Öffentliche Auftritte blieben die Ausnahme. Sie habe sich auf die Kommunal- und die Europawahl konzentriert, sagt sie, dies sei ihre Aufgabe als Parteichefin gewesen. In den sozialen Medien schreibt sie, ihre Amtszeit sei "Mit Höhen und auch bitteren Tiefen verbunden". Im Lauf der Jahre sei "immer deutlicher geworden, dass viele Menschen ihr Vertrauen in die SPD verloren hatten, über Jahrzehnte hinweg". Die Wähler sähen die SPD "nicht mehr als Garanten eines starken Sozialstaats und einer gerechten Gesellschaft". Adressatin ihrer Kritik ist auch die Bundespartei, die sie allerdings mittlerweile auf einem besseren Weg sieht. "Wichtige Weichen" seien gestellt, aber "der Neuaufbau des Vertrauens braucht nun Zeit".
Im Gespräch mit den Nürnberger Nachrichten sagt sie, sie gehe ohne Groll. "Auch wenn es kitschig klingt, ich liebe diese Partei". Sie werde auch "in Zukunft meinen Teil dazu beitragen", dass die SPD zurück in die Erfolgsspur findet. Ihre Themen seien Wohnungs- und Bodenpolitik". "Bezahlbares Wohnen ist ein Grundrecht."
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Natascha Kohnen führt die SPD seit 2017. In den neun Jahren zuvor stand sie als Generalsekretärin ihren Vorgängern zur Seite. Dem Landtag gehört sie seit 2008 als Abgeordnete an. Wer ihr nachfolgen soll, dazu äußert sie sich nicht. Es gebe genügend geeignete Köpfe, sagt sie nur. Ein Name fällt allerdings in der Partei bereits: Uli Grötsch, Generalsekretär unter Kohnen, gilt als aussichtsreicher Kandidat. Der 45-jährige Oberpfälzer gehört seit 2013 für die SPD dem Bundestag an. Seit Mai 2017 ist der ehemalige Polizeibeamte als Generalsekretär einer der engsten Mitarbeiter von Kohnen.
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