Land bereitet sich vor
Enorme Hilfsbereitschaft: Noch kommen die meisten Flüchtlinge in Bayern privat unter
8.3.2022, 17:02 UhrEs ist nur ein Vorgeschmack. Von etwa 20 000 Menschen wissen die Behörden, die vor der russischen Invasion aus der Ukraine nach Bayern geflüchtet sind. Doch Innenminister Joachim Herrmann (CSU) rechnet damit, dass sich ihre Zahl bald verfünffachen dürfte. Darauf will sich Bayern vorbereiten. Doch das ist leichter gesagt als getan.
Falscher Impfstoff
Dass nur etwa ein Drittel der Ankommenden gegen das Corona-Virus geimpft ist, und davon die meisten mit einem nicht in Deutschland zugelassenen Präparat, ist nur eines der vielen Probleme. Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek verspricht, die Flüchtenden könnten sich jederzeit testen und impfen lassen. Die Impfzentren etwa seien darauf eingerichtet.
Zwar wird die Bundesrepublik die in der Ukraine verimpften Vakzine auch weiterhin nicht anerkennen. Doch wer dort bereits geimpft wurde und sich hier mit einem mRNA-Impfstoff nochmals spritzen lässt, bekommt laut Holetschek den Status eines Geboosterten. Auch beim Testen sieht der CSU-Politiker keine Probleme. Eigene Teststraßen für die Geflüchteten seien nicht nötig, sagt er. Denkbar sei, dass mobile Testteams später zu den Aufnahmeeinrichtungen kommen könnten.
Große Bereitschaft
Bislang sind dort nur wenige ukrainische Familien untergebracht. Allein in Bayern leben und arbeiten weit über 30 000 Ukrainer. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann beobachtet "eine große Aufnahmebereitschaft unter ihnen". Tatsächlich sind bisher die meisten Geflüchteten privat untergekommen. Von den ersten 10 000 Eingereisten - aktuellere Zahlen fehlen - mussten nur 2000 in staatliche Unterkünfte. 8000 aber kamen privat unter.
Für Herrmann spielt auch eine Rolle, dass fast ausschließlich Mütter mit Kindern und Jugendlichen aus der Ukraine geflohen sind. Männer ab 18 und bis 60 dürfen derzeit nicht ausreisen; sie müssen ihr Land verteidigen. "Wir erleben bei diesen Flüchtlingen eine andere Akzeptanz in der Bevölkerung", sagt der CSU-Politiker, wenn er die Situation mit 2015 vergleiche. Damals waren vor allem junge Männer vor den Kriegen im arabischen Raum nach Deutschland geflohen. Allerdings rechnen Fachleute wie etwa das Flüchtlingswerk der UN damit, dass diesmal eine beispiellose Fluchtbewegung einsetzen werde, wie es sie seit dem zweiten Weltkrieg nicht gegeben hat.
Bekannter Schlüssel
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann geht dennoch davon aus, dass sich alles in geregelten Bahnen abspielen wird. Er rechnet damit, dass sich die europäische Union auf einen Verteilungsmechanismus verständigen wird, ebenso die Bundesrepublik, die in solchen Fällen den so genannten Königsteiner Schlüssel anwenden kann. Er regelt eigentlich, zu welchen Teilen die Bundesländer an gemeinsamen Finanzprojekten beteiligt werden, lässt sich aber auch entsprechend anwenden, wenn etwa Flüchtende übers Land verteilt werden müssen.
Auch Bayerns Bildungsminister Michael Piazolo versichert, der Freistaat sei "auf hohe Zahlen eingestellt". Allerdings sind gerade bei den Kindern und Jugendlichen die Herausforderungen enorm. "Wir wissen noch nicht, wie gut ihre Deutschkenntnisse sind", sagt der Politiker der Freien Wähler. Unklar sei auch, wie sie in den Unterricht eingegliedert werden können. "Die meisten werden keine Zeugnisse dabei haben"; sagt Piazolo.
Neue Klassen nötig
Zwar gibt es an den Schulen bereits eigene Deutschkurse für Kinder mit Migrationshintergrund, Kitas bieten so genannte Vorkurse Deutsch an. Doch Piazolo geht davon aus, dass die Kapazitäten nicht reichen werden. "Wir werden neue Klassen einrichten müssen", sagt er, auch, weil er nicht davon ausgeht, dass sich die Situation in absehbarer Zeit entspannen könnt. "Dann brauchen wir aber auch mehr Lehrkräfte."
Das aber kostet. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder will deshalb kommende Woche bei der Ministerpräsidentenrunde mit dem Kanzler auf mehr Bundeshilfe drängen. "Es braucht eine nationale Kraftanstrengung, eine zentrale Unterstützung und eine klare finanzielle Regelung", sagt Söder.
Sozialministerin Ulrike Scharf spannt den Bogen noch etwas weiter. "Wir gehen davon aus", sagt die CSU-Politikerin, "dass viele Kinder und Jugendliche psychologisch betreut werden müssen." Denn was sie durchlebt haben, sei "schwer traumatisierend." Auch d wrd Geld kosten.
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