Erlangen vor schwierigen Zeiten

27.2.2010, 00:00 Uhr
Erlangen vor schwierigen Zeiten

© Günter Distler

Auf den ersten Blick sieht die Absprache zwischen Städte- und Landkreistag wie eine gelungene Lösung für alle Beteiligten aus: Die im Vorfeld von Städten, Landkreisen und den Sparkassen-Vorständen angestrebte Einigung auf einen Kandidaten signalisiert Einmütigkeit. Der vom Sparkassenverband auf den Schild gehobene Theo Zellner geht in vier Jahren ohnehin in Rente. Und die CSU Erlangen kann bis zur nächsten Kommunalwahl einen potenten Nachfolger für OB Balleis aufbauen.

Erster Eindruck täuscht

Doch der erste Eindruck täuscht. Bei näherem Hinsehen offenbart sich eine ganze Reihe Mängel. Was am schwersten wiegt: OB Balleis ist stark angeschlagen. In der jüngsten Stadtratssitzung kündigte die vierköpfige FDP-Fraktion die 14-jährige Zusammenarbeit mit der CSU im Rathaus auf. Damit sind die Christsozialen im Kommunalparlament bei Entscheidungen künftig auf mindestens vier Stimmen aus den Reihen der Opposition angewiesen. Auf Balleis‘ umgehend gemachtes Angebot von Sondierungsgesprächen reagierten Vertreter von SPD und Grüner Liste zunächst zurückhaltend.

Erst einmal abwarten, ob die Offerte von Balleis tatsächlich ernst gemeint war, will SPD-Fraktionsvorsitzender Florian Janik. «Zumal dieses Angebot von einem Mann kommt, der noch bis gestern Mittag aus Erlangen weg wollte und seinen Job als OB hatte hinschmeißen wollen.« Im Übrigen führten normalerweise Parteien miteinander Koalitionsgespräche. «Die CSU hat sich bei mir aber noch nicht gemeldet.«

Bürgermeisterin bleibt

Auch Balleis‘ Empfehlung an die Zweite Bürgermeisterin Elisabeth Preuß (FDP), aus Gründen der «political correctness« zurückzutreten, läuft ins Leere. «Ich werde natürlich nicht zurücktreten«, so Preuß. Schließlich habe sie sich in ihrem Amt «keine groben Fehler« geleistet. Vielmehr handle es sich um eine interfraktionelle Entscheidung, die mit dem Bürgermeister-Posten nichts zu tun habe.

Der Handlungsspielraum der Stadt ist durch die prekäre Finanzsituation der Kommune ohnehin denkbar eng geworden. So kommt auf Erlangen eine Rekordneuverschuldung in Höhe von 27 Millionen Euro zu. Und auch die Prognosen für das nächste Jahr lassen nichts Gutes für die Finanzlage erahnen. Ein tragfähiges Sanierungskonzept und notfalls auch unliebsame Beschlüsse sind daher in den nächsten Monaten dringend erforderlich. Auf die bürgerliche Mehrheit, auf die sich Balleis und seine CSU in den vergangenen 14 Jahren verlassen konnten, können die Christsozialen vorerst nicht bauen.

Erhebliches Imageproblem

Als ob diese Gemengelage nicht prekär genug wäre, kommt ein erhebliches Imageproblem hinzu. Balleis hat in den vergangenen Wochen den Eindruck erweckt, dass ihm seine eigene Karriere wichtiger ist als das Wohl seiner Stadt. Er hat keinen Zweifel daran gelassen, dass er Erlangen den Rücken kehren und das Amt als Sparkassen-Präsident antreten würde.

Dass es nun anders gekommen ist, hatte Balleis nach Informationen unserer Zeitung nicht in der Hand. Der Städtetag zwang ihrem einstimmig nominierten Kandidaten dieses Verfahren quasi mit einem ebenfalls einstimmigen Votum zugunsten einer einvernehmlichen Lösung mit dem Landkreistag auf.

Als Trostpflaster winkt in vier Jahren die Chance, im zweiten Anlauf Sparkassen-Präsident zu werden. Bis dahin will Balleis gerüstet sein und sich «weitere Kompetenzen im Sparkassenwesen« aneignen. Eine zusätzliche Belastung in den schwierigen Zeiten, die dem OB jetzt bevorstehen.