Erlangens Ex-Bürgermeister kämpft für saubere Luft in Städten
11.8.2018, 05:53 UhrNZ: Herr Dr. Balleis, vor einem Jahr ist beim sogenannten "Diesel-Gipfel" beschlossen worden, dass den Kommunen 500 Millionen Euro für die Verbesserung der Luftqualität zur Verfügung gestellt werden. Wieviel Geld haben die Kommunen bereits abgerufen und wofür wird es dort verwendet?
Siegfried Balleis: Insgesamt eine Milliarde Euro steht für das "Sofortprogramm Saubere Luft 2017-2020" bereit. Von der Bundesregierung kommen 750 Millionen Euro, und weitere 250 Millionen Euro von der deutschen Automobilindustrie. Allein vom
Bundesverkehrsministerium wurden bereits Förderbescheide in Höhe von über 150 Millionen Euro gewährt. Die Kommunen sind nun dabei, die Maßnahmen umzusetzen. Dabei geht es vor allem um die Beschaffung von Elektrofahrzeugen, einschließlich der zugehörigen Lade-Infrastruktur, die Nachrüstung von Dieselbussen mit Abgasnachbehandlungssystemen und die Digitalisierung kommunaler Verkehrssysteme.
NZ: Wie funktioniert das Prozedere des Förderprogramms, von der Beantragung bis zur Genehmigung, und was ist dabei genau Ihre Aufgabe?
Balleis: Das Sofortprogramm der Bundesregierung umfasst insgesamt elf verschiedene Förderprogramme von drei Bundesministerien. Zu den jeweiligen Programmen sind bereits zahlreiche Förderaufrufe erfolgt, für welche Städte und Kommunen Förderanträge stellen konnten. Die Anträge werden dann durch die zuständigen Ministerien geprüft.
Und sofern die beantragten Maßnahmen dem Förderziel entsprechen und die notwendigen Haushaltsmittel zur Verfügung stehen, werden diese auch bewilligt. Meine Aufgabe für das Sofortprogramm ist ganz klar: die Kommunikation zwischen den Ministerien und den Kommunen zu erleichtern und zu unterstützen.
NZ: Welche Städte haben sich bereits an dem Förderprogramm beteiligt und wie viele Maßnahmen sind bereits genehmigt?
Balleis: Die Nachfrage ist wirklich groß. Ein Großteil der von Grenzwertüberschreitungen durch Stickstoffdioxid betroffenen Städte konnte durch die Förderprogramme bereits berücksichtigt werden. Auch die Stadt Nürnberg beziehungsweise die Verkehrsaktiengesellschaft (VAG) haben Förderungen erhalten.
NZ: Für welche Maßnahmen kann das Geld in den Kommunen überhaupt verwendet werden?
Balleis: Ein Großteil der Mittel im Sofortprogramm steht für die Digitalisierung kommunaler Verkehrssysteme bereit. Dabei geht es beispielsweise um die intelligente Verkehrslenkung in den Städten. Damit können die Städte Verkehrsströme optimieren und Mobilitätsangebote attraktiver machen. Wir brauchen mehr "Grüne Wellen" und weniger Stau, einfache Ticket-Buchung für Bus und Bahn sowie eine kurze Parkplatzsuche. Das sorgt für bessere Luft und stressfreie Fahrt im Stadtverkehr. Aber neben den Digitalisierungsmaßnahmen gibt es natürlich noch viele weitere förderfähige Maßnahmen, um die Luftqualität zu verbessern – beispielsweise die Elektromobilität oder die Dieselbus-Nachrüstung.
NZ: Ist abzusehen, wie lange der Fonds ausreicht – und wie sehen Sie die Chance, dass der Bund sowie die beteiligten Autohersteller weitere Fördergelder zur Verfügung stellen?
Balleis: Gegenwärtig sind bei weitem noch nicht alle Fördermöglichkeiten ausgeschöpft, zumal zurzeit noch sehr großzügig ausgestattete Förderaufrufe laufen.
NZ: Wann werden die durch das Sonderprogramm geförderten Maßnahmen ihrer Ansicht nach greifen und messbare Verbesserungen bei der Luftqualität bringen?
Balleis: Im Sofortprogramm ist eine Vielzahl kurz- bis mittelfristig wirkender Maßnahmen vorgesehen. Schon heute sieht man deutliche Verbesserungen bei der Luftqualität.
NZ: Wie sehr werden sich die geförderten Maßnahmen überhaupt auf die Luftqualität in den Städten auswirken? Denn für die Verbesserung des Abgasausstoßes insbesondere der Diesel-Fahrzeuge sind ja die Autohersteller verantwortlich.
Balleis: Ich bin sehr zuversichtlich, dass sich die Luftqualität in den betroffenen Städten weiter verbessern wird, zumal immer mehr neue Fahrzeuge zugelassen werden, die diese Grenzwerte bei weitem unterschreiten.
NZ: Von Umweltschutzverbänden, aber auch aus Teilen der Politik ist ein verbindliches Ende bei der Neuzulassung von Verbrennungsmotoren gefordert worden. Wie stehen Sie zu dieser Forderung?
Balleis: Heute gibt es bereits viele alternative Antriebsformen – die Elektromobilität, die Wasserstoff/Brennstoffzellentechnologie und vieles mehr. Aber welche sich letztlich durchsetzen wird, weiß heute niemand. Die Elektromobilität wird sicherlich in den großen Metropolen eine wichtige Rolle spielen, auf dem Land bleibt hingegen der Verbrennungsmotor attraktiv. Und auch dieser kann sich weiterentwickeln, beispielsweise mit CO2-neutralen synthetischen Kraftstoffen.
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