Nachbesserung nötig

Existenzminimum bedroht: Nürnberger Sozialgericht erklärt Bezahlkarte für rechtswidrig

Inken Thiel

Volontärin

E-Mail zur Autorenseite

2.8.2024, 06:47 Uhr
Erst am 16. Mai trat das Gesetz zur Bezahlkarte für Asylbewerber in Kraft, nun trudeln schon die ersten Gerichtsurteile dagegen ein.

© IMAGO / Bihlmayerfotografie/IMAGO / ecomedia/robert fishman Erst am 16. Mai trat das Gesetz zur Bezahlkarte für Asylbewerber in Kraft, nun trudeln schon die ersten Gerichtsurteile dagegen ein.

Das Nürnberger Sozialgericht hat im Eilverfahren ein Urteil gegen die Bezahlkarte für Asylbewerber gefällt. Geklagt hatte eine Frau aus Schwabach. Diese war im Januar des Jahres 2023 nach Deutschland eingereist, ihre Staatsangehörigkeit ist unklar.

Seit August 2023 erhielt sie von der Stadt Schwabach Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. In diesem war zum damaligen Zeitpunkt festgelegt, dass "der notwendige Bedarf durch Sachleistungen" gedeckt wird, es sei denn, der Verwaltungsaufwand sei zu hoch. In diesem Fall sah das Gesetz vor, die Leistungen in Form von Wertgutscheinen oder anderen Geldleistungen zur Verfügung zu stellen.

Zu Beginn des neuen Jahres wurde der Frau mitgeteilt, dass die Regelsätze auf monatlich 460 Euro erhöht würden. In diesem Bescheid wurde der Frau ebenfalls mitgeteilt, dass alle vorangegangenen Bescheide über die Höhe der Leistungen, die sich auf die gleichen Zeiträume bezögen, mit dem neuen Bescheid hinfällig würden.

Wegen Bezahlkarte: Frau muss Daueraufträge und Lastschriften stoppen

Anfang Juni erhielt die Frau erneut Post. Die Stadt Schwabach teilte ihr mit, dass zum ersten Juli die Bezahlkarte für Asylbewerber eingeführt werde und ihr danach die Leistungen nur noch auf diese Karte überwiesen würden. Die Frau müsse bei ihrer Bank alle Daueraufträge und Lastschriften stoppen, damit sie dort keine Schulden mache.

Gegen diese Entscheidung hatte die Frau jetzt geklagt. Als Gründe gab sie an, nicht in dem benachbarten Nürnberg einkaufen zu können, da die Karte lokal begrenzt gültig sei. Auch sei es ihr nicht möglich, günstigere Artikel aus dem Internet zu erstehen, da sie für jeden einzelnen Artikel die Genehmigung der Behörde benötige.

Das Sozialgericht gab der Frau recht. So sei zum einen mit der Bezahlkarte der Bescheid von Januar 2024 nicht aufgehoben worden, der der Frau die Überweisung der Leistungen auf ihr Konto zusichere. Zum anderen sah es das Gericht als erwiesen an, dass durch die Bezahlkarte - beziehungsweise durch die damit einhergehende Einschränkung von Überweisungen und Barkäufen - die "zur Sicherung des Existenzminimums als notwendig erachteten Verbrauchsgüter" von der Frau nicht mehr ohne Einschränkungen gekauft werden können.

50 Euro Bargeld darf keine Pauschallösung sein

Das Gericht bemängelte weiterhin, dass die Stadt Schwabach keine ausreichende Begründung dafür anführe, warum die Frau lediglich 50 Euro Bargeld pro Monat bekommt. Der Verweis auf die vielen Geschäfte, in denen die bayerische Bezahlkarte verwendet werden könne, reiche nicht aus.

Jetzt muss die Stadt nachbessern. Das Sozialgericht Nürnberg urteilte, dass die Stadt der Frau bis Ende Oktober die Leistungen wieder wie gehabt aufs Konto überweisen muss. Bis dahin, so die Annahme des Gerichts, würde die Stadt sicher eine rechtliche Prüfung der Leistungsgewährung an die Antragstellerin vornehmen und die Bewilligungsentscheidung "zukunftsgerichtet" abändern.