Exklusiv: Hunderte Bamf-Entscheider nicht qualifiziert
3.6.2017, 03:58 UhrDemnach konnten 15 Prozent "aus Kapazitätsgründen keine Entscheider-relevante Qualifizierungsmaßnahme absolvieren" - trotz reduzierter Qualifizierungsdauer. Konkret sind 454 von 3.033 Entscheider, die zwischen dem 1. August 2015 und dem 1. März 2017 beim Bamf angefangen haben, "ohne Qualifizierung", so steht es in der als "vertraulich" gekennzeichneten Analyse, die auf den 19. Mai datiert ist.
Noch verheerender ist die Quote bei den Mitarbeitern des Asylverfahrenssekretariats. Ihr Job ist es unter anderem, Anträge anzunehmen, die Dokumente der Asylbewerber zu prüfen und die Antragsteller erkennungsdienstlich zu behandeln. 3.340 neue Mitarbeiter haben in diesem Bereich zwischen 1. August 2015 und 1. März 2017 angefangen, 2.669 von ihnen - das entspricht 80 Prozent - haben "keine Qualifizierungsmaßnahmen erhalten".
Hauptsächlich wurden diese Mitarbeiter, so schreiben die Autoren, durch "Training on the job" eingewiesen – also von Kollegen, die die Tätigkeit erklären sollten. In der Praxis, sagen Insider, habe das oft bedeutet, dass es keine echte Einarbeitung gegeben habe. Denn die Mitarbeiter im Bamf waren in den vergangenen Monaten chronisch überlastet, Zeit, die Neulinge ordentlich in die Arbeit einzuführen, gab es oft nicht. Gleiches gilt für die Entscheider.
Ergänzende Qualifizierung angestoßen
Viele der Turbo-Geschulten sind immer noch im Bamf tätig. Interessanterweise qualifizierte das Asylamt laut dem internen Bericht im vergangenen Jahr bevorzugt auf sechs Monate befristetes Personal. Somit sind viele, die nicht qualifiziert sind, immer noch für das Bamf tätig - "61 Prozent der bisher nicht qualifizierten Entscheider“" heißt es in dem Bericht. "Mit 252 Mitarbeitern sind die meisten der bisher nicht qualifizierten Entscheider noch mindestens sechs Monate im Einsatz." Diese, so schreiben die Autoren, sollten nun fortgebildet werden.
Eine Bamf-Sprecherin erklärte auf Nachfrage, man habe die Qualifizierung auf die unterschiedlichen Zielgruppen hin angepasst. So habe es theoretische Schulungen zwischen drei bis fünf Wochen und "Training on the job" gegeben. Zusätzlich habe es Mentoren gegeben, um die fehlende Praxiserfahrung aufzufangen. Außerdem habe man als eine Konsequenz auf den Fall Franco A. "eine Reihe von weiteren qualitätssichernden Maßnahmen eingeleitet". So habe man den Bedarf der Mitarbeiter abgefragt und ergänzende Qualifizierungen angestoßen.
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