Experte: Inzidenz sinkt kaum noch - Sind Corona-Mutanten schuld?

19.2.2021, 18:27 Uhr

"Der Rückgang der anderen Varianten ist langsamer als etwa der Zuwachs der Mutation B.1.1.7", sagte der Molekularbiologe und Teilnehmer an Expertenrunden der Bundesregierung, Rolf Apweiler. "Wenn sich der Trend bestätigt, dann brauchen wir stärkere Restriktionen", so der Direktor des European Bioinformatics Institute (EMBL-EBI) am Donnerstag im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur.


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Am 22. Dezember war mit 197,6 der Höchstwert der bundesweiten Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Woche erreicht worden. In den vergangenen Wochen sank diese 7-Tage-Inzidenz dann kontinuierlich - "immer um 20 Prozent pro Woche", so Apweiler. Jüngst verlangsamte sich aber dieser Rückgang. In den vergangenen fünf Tagen habe sich bei der Inzidenz "eigentlich gar nichts mehr bewegt".

Zugleich nahm der Anteil der Virus-Variante B.1.1.7 aus Großbritannien in Deutschland zu. Dem Robert Koch-Institut (RKI) zufolge lag er in Stichproben zuletzt bei fast 23 Prozent. Apweiler zufolge wird dieser Anteil noch steigen.

Die aktuelle Situation in Deutschland verglich er mit der Großbritanniens im November. Auch dort sei die Gesamtinzidenz innerhalb eines Monats um etwa 50 Prozent zurückgegangen, zugleich habe aber der B.1.1.7-Anteil etwa um das Vierfache zugenommen. "Also wirklich genau dasselbe Muster." Stärkere Maßnahmen zur Einschränkung des Virus hätten damals gegriffen. Was wirklich helfe? "Die Mobilität herunterfahren, so dass sich möglichst wenige Kontakte ergeben."

In bestimmten Regionen wie etwa in Flensburg sah der Experte bereits jetzt eine dritte Infektionswelle. Dort etwa gelten wegen erneut hoher Inzidenzzahlen von Samstag an eine Woche lang nächtliche Ausgangsbeschränkungen und ein Verbot privater Treffen.

Mit Blick auf Ostern sagte der Molekularbiologe: "Wenn das genauso weitergehen würde, könnten wir dann bundesweit etwa eine Inzidenz um 200 haben." Werde gelockert, könnte der Wert seiner Ansicht nach sogar auf bis zu 400 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner steigen.

Um solche Szenarien zu vermeiden, zählte Apweiler auf stärkere lokale Beschränkungen. Eine Auswirkung der Impfungen auf die Fallzahlen wird seiner Ansicht nach erst im Sommer erkennbar sein - wenn auch jüngere Menschen geimpft werden.

Die Gesundheitsämter in Deutschland hatten nach RKI-Angaben vom Donnerstag binnen eines Tages kaum weniger Corona-Neuinfektionen gemeldet als eine Woche zuvor. Die Sieben-Tage-Inzidenz lag laut RKI am Mittwochmorgen bundesweit bei 57,1 - und damit geringfügig höher als am Vortag (57,0).

In Dänemark zum Beispiel war unter den Corona-Fällen der Anteil der in England aufgetauchte Mutante B.1.1.7 rapide gestiegen: Zum Jahreswechsel lag der Anteil dort um die 2 Prozent, in der letzten Januar-Woche schon bei 19,6. Zuletzt wurde die Variante in fast jeder zweiten analysierten Corona-Probe gefunden.

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