Für Zwecke instrumentalisiert
Fake-Bilder von Aschaffenburg-Opfer verbreitet: Hinterbliebene wehren sich gegen Vereinnahmung
29.01.2025, 09:13 Uhr![27.01.2025, Bayern, Aschaffenburg: Zahlreiche Kerzen und Blumen erinnerten an den tödlichen Messerangriff in Aschaffenburg. 27.01.2025, Bayern, Aschaffenburg: Zahlreiche Kerzen und Blumen erinnerten an den tödlichen Messerangriff in Aschaffenburg.](https://images.nordbayern.de/image/contentid/policy:1.14562017:1738140841/27012025_Bayern_Aschaffenburg_Zahlreiche_Kerz.jpg?f=16%3A9&h=816&m=FIT&w=1680&$p$f$h$m$w=6ebb86d)
Fünf Tage ist es nun her, dass ein 28 Jahre alter Afghane in einem Aschaffenburger Park ihm wohl unbekannte Menschen mit einem Messer angriff. Zwei Personen starben. Ein zweijähriger Junge marokkanischer Herkunft und Kai-Uwe D., ein 41-jähriger Deutscher.
Eigentliches Ziel des Angreifers war offenbar eine Kindergartengruppe. D. ging dazwischen und verhinderte durch sein Eingreifen wahrscheinlich weitere Opfer. Sein selbstloses Verhalten bezahlte der Mann mit dem Leben.
Aktuell kursieren verschiedene Bilder in den Sozialen Medien, die vermeintlich Kai-Uwe D. zeigen. Dabei handelt es sich um teils gezielte Fakes. Gewisse Gruppierungen verfolgen eine perfide Agenda mit dem Ziel, Kapital aus dem tragischen Tod des 41-jährige zu schlagen, indem man ihn zu einer Art Märtyrer stilisiert. Gegen diese Instrumentalisierung wehren sich die Hinterbliebenen des Opfers vehement.
"Weder politisch aktiv noch einer Partei zugehörig"
"Kai-Uwe war weder politisch aktiv noch einer Partei zugehörig. Es gibt keine Bilder von ihm im Internet. Die dort gezeigten Fotos, auch mit Parteihintergrund, sind eine Fälschung. Wir sind zutiefst bestürzt über dieses respektlose Verhalten und bitten darum, unseren Schmerz nicht auszunutzen.", zitiert die Polizei Unterfranken ein Statement der Hinterbliebenen und plädiert an die Bevölkerung, weder Name noch "Fotos von falschen Personen im Internet zu verbreiten und teilweise für eigene Botschaften zu missbrauchen."
Verlust "außerhalb der Öffentlichkeit" verarbeiten
Die Angehörigen des Verstorbenen bitten darum, den erlittenen Verlust "außerhalb der Öffentlichkeit" verarbeiten zu dürfen. "Wir, die Familie von Kai-Uwe D., danken für die große Anteilnahme. Unser aufrichtiges Beileid gilt der Familie von Yannis. Wir wünschen ihr viel Kraft in dieser schweren Zeit. Kai-Uwe war ein liebevoller Vater, Ehemann, Bruder und Freund, immer bereit zu helfen und zu unterstützen."
Auch AfD Nürnberg verbreitet Fake-Foto
"Kai-Uwe D[...], der (tote) Held von #Aschaffenburg Sein Foto kursiert im Netz und verdient die Öffentlichkeit, die Anerkennung und die Trauer." war in einem Facebook-Beitrag der AfD Nürnberg zu lesen. Daneben platziert: Das Schwarz-Weiß-Foto eines Mannes mit Sonnenbrille und Mütze. Deutschlandfahnen sind unübersehbar im Bild platziert. [Anmerkung der Redaktion: Die AfD verwendet hier den vollen Namen, wir haben das Zitat in dieser Hinsicht geändert.]
Bei dem gezeigten Mann handelt es sich allerdings nicht um Kai-Uwe D., wie die Polizei Unterfranken auf Nachfrage bestätigte. Ob wissentlich oder unwissentlich, die AfD Nürnberg trug damit zur Verbreitung eines Fakes bei, der ganz gezielt versucht, eine emotionale Reaktion zu erzeugen. Betroffenheit und Empörung (hätte die Tat verhindert werden können?) schüren Wut und Hass auf hinlänglich bekannte Feindbilder (etwa die Ampel oder ganz allgemein Migranten). Echte Anteilnahme nimmt dagegen Rücksicht auf die Gefühle der Hinterbliebenen, anstatt sie in ihrer Trauer zu stören.
Die Polizei appelliert deshalb an die Pietät: "Denken Sie bitte an die Angehörigen, die den schmerzlichen Verlust eines geliebten Menschen verkraften und verarbeiten müssen. Die Verbreitung der Namen und Fotos in den sozialen Medien ist hier nicht hilfreich und zeugt eben nicht von wirklicher Anteilnahme."
Der entsprechende Facebook-Beitrag der AfD wurde inzwischen gelöscht beziehungsweise ist nicht mehr aufrufbar, taucht aber weiterhin unter den Google-Suchergebnissen auf.
Verwechslungen in Social Media stiften Verwirrung
Nicht alle der in Umlauf befindlichen Bilder dienen direkt dem Zweck, eine politische Botschaft zu transportieren. Laut der "Hessische/Niedersächsischen Allgemeinen" fällt in vielen Beiträgen auch der Name Claudio P.. Dabei handelt es sich um einen ehemaligen Betreiber eines Eiscafés in Aschaffenburg. Ein befreundeter Ladenbetreiber hatte sich in einem Instagram-Beitrag von seinem Freund verabschiedet. Fälschlicherweise stellten einige User einen Zusammenhang her und hielten Claudio P. für das Opfer des Messerangriffs. Auch dieses Foto sollte keinesfalls weiter geteilt werden.
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