Liberale fürchten um Zukunft

FDP wird 75 Jahre alt: Als Partner im falschen Regierungsbündnis gefangen

Harald Baumer

Berlin-Korrespondent der NN

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11.12.2023, 11:00 Uhr
Hat einen schweren Stand in der Koalition: FDP-Chef und Finanzminister Christian Lindner.

© Kay Nietfeld/dpa Hat einen schweren Stand in der Koalition: FDP-Chef und Finanzminister Christian Lindner.

Die FDP, eine der schillerndsten deutschen Parteien, wird heute 75 Jahre alt. Als schillernd muss man sie bezeichnen, weil sie sich in ihrer Geschichte vor allem aus zwei Strömungen speist, die gar nicht so recht zusammenpassen wollen: der Bürgerrechtsbewegung (mit Nähe zum linken Lager) und dem ausgeprägten Marktliberalismus (mit Nähe zum konservativen Lager).

Die Existenz der Regierung ist in höchster Gefahr

Nach einer fröhlichen Geburtstagsfeier dürfte der FDP-Spitze nicht zumute sein. Dazu ist die Lage zu ernst. Der Verbleib der Liberalen in der Ampel und damit die Existenz der ganzen Regierung sind in höchster Gefahr. Vor allem deswegen, weil trotz der fehlenden Milliarden im Bundeshaushalt keine der drei beteiligten Parteien auf ihre Maximalforderungen verzichten will.

Der gesunde Menschenverstand würde dazu raten, dass sich die FDP auf die erneute Ausrufung der Notlage für das kommende Haushaltsjahr und damit das Aussetzen der Schuldenbremse einlässt. Im Gegenzug müssten die Grünen Einsparmöglichkeiten bei Klimaprojekten und die SPD beim Sozialbudget akzeptieren. Wie soll man denn auch sonst aus der Krise herauskommen?

Dass die Beteiligten so lange brauchen, um sich zu einigen, ist ein ganz schlechtes Zeichen für die Zukunft der Ampel-Regierung. Das Grundgefühl dafür, ein gemeinsames Projekt zu haben, ist offensichtlich verlorengegangen.

Wenn man auf die Geschichte der FDP blickt, muss man feststellen: In Zweierbündnissen - wahlweise mit der Union oder mit der SPD - ist es den Liberalen tendenziell besser ergangen als im jetzigen Dreierbündnis. Ausnahmen gab es natürlich, etwa die verheerenden vier Jahre mit der Union von 2009 bis 2013, die für die FDP mit dem Rauswurf aus dem Bundestag endeten.

Das Ampel-Konzept, die Versöhnung ganz weit auseinander liegender politischer Lager, ist offenkundig gescheitert. Die Furcht um den Verlust der Identität führt bei den Liberalen dazu, dass sie selbst gesellschaftlich nahezu unumstrittene Ideen wie das Tempolimit trotzig ablehnen.

Es hilft aber auch wenig, wenn die linke Mehrheit innerhalb der Regierung ziemlich penetrant die FDP als den bösen Buben bezeichnet. Denn bereits zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Koalitionsvertrages war bekannt, wie diese Partei tickt. Eine Selbstaufgabe der Liberalen war nicht zu erwarten gewesen.

Angesichts erstarkender Parteien wie der AfD und neuer Kräfte wie dem Bündnis Sahra Wagenknecht, die den gesamten Nachkriegskonsens der Bundesrepublik in Frage stellen, muss zum 75. Geburtstag auch mal die Rolle der FDP gewürdigt werden. Sie war und ist staatstragend. Das kann man auch feststellen, wenn man in etlichen Punkten nicht mit ihr einer Meinung ist.

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