Flucht aus dem Tropenparadies

16.05.2009, 00:00 Uhr
Flucht aus dem  Tropenparadies

© dpa

Nach Angaben der Uno leben knapp 200.000 Menschen in den Camps. «Viel mehr, als eigentlich Platz hätten. Privatsphäre gibt es nicht«, berichtet der Landeskoordinator Sri Lanka von Malteser International, Gerhard Serafin. Schulen wurden zu Auffangsstätten, doch reichen die Klassenräume bei weitem nicht aus.

Im Schulhof stehen Zelte für weitere Menschen, und «da drin herrschen tagsüber Temperaturen von 40 bis 50 Grad«. In anderen Lagern finden die Männer, Frauen und Kinder in behelfsmäßigen Hütten Unterschlupf.

Kämpfe seit 1983

Die Menschen sind geflohen vor den Kämpfen zwischen den Regierungstruppen und der tamilischen Rebellenorganisation LTTE. Mehr als 75.000 Todesopfer forderte dieser Konflikt, mit dem die LTTE einen eigenen Staat durchsetzen will, seit 1983 bereits. Allein in den ersten drei Monaten 2009 starben 6500 Zivilisten, vor einigen Tagen kamen viele weitere Hundert bei Angriffen auf das einzige noch funktionsfähige Krankenhaus um, das sich in dem nur wenige Quadratkilometer großen Küstenstreifen befindet, wohin sich die Rebellen zurückgezogen haben. «Die Lage ist seit Monaten besorgniserregend«, sagt Christoph Ernesti von der Hilfsorganisation Care, der einige Jahre auf Sri Lanka gelebt hat.

Das militärische Ende der LTTE scheint kurz bevorzustehen, immer weiter dringt die Armee in ihr Gebiet ein. Allein seit Mitte April strömten 120.000 Menschen zu Fuß oder per Boot aus der Kampfzone in die Lager, die meisten von ihnen Frauen mit kleinen Kindern, Schwangere, Alte. Die hygienischen Verhältnisse in den Camps sind schwierig. «Wenn so viele Menschen auf einem Fleck sind, übertragen sich Krankheiten schnell«, sagt Serafin.

Wasser fehlt

Die Helfer versuchen gegenzusteuern: «Wir betreiben Aufklärung, kontrollieren regelmäßig, dass die Toiletten nicht verstopft sind.« Das größte Problem sei aber die Wasserversorgung, berichtet Jennifer Bräutigam, die für Care in Sri Lanka ist. Zwar hätten die Hilfsorganisationen und die Regierung Wassertanks aufgestellt, die zweimal am Tag beliefert werden, doch reiche das nicht aus. «Die Menschen wissen, zu welchen Zeiten der Tanklastzug kommt, und stellen sich Stunden vorher mit Flaschen und Kanistern an«, sagt Bräutigam.

In den nächsten Wochen könnte es auf die Lager nochmals einen Ansturm geben: Nämlich dann, wenn es den noch eingeschlossenen Zivilisten gelingt, aus der Kampfzone in die Camps zu flüchten. Regierung und Hilfsorganisationen bereiten sich auf diese Menschen bereits vor: «Es werden Bäume gerodet, um Platz zu schaffen, Zelte aufgestellt, Latrinen gebaut«, sagt Bräutigam.

Hilflos in Palmenwäldern

Rund 50.000 Zivilisten, so schätzt die Uno, befinden sich noch im Kampfgebiet. Sie kampieren in Palmenwäldern oder am Strand und sind immer neuen Angriffen ausgesetzt. Von welcher Seite, darüber streiten sich die Armee und die LTTE, die von den USA und der EU als terroristisch eingestuft wird. «Die, die da zusammengeschossen werden, das sind die Ärmsten der Armen«, berichtet Ernesti.

Das Bündnis Aktion Deutschland hilft, bei dem auch Care und die Malteser Mitglied sind, bittet um Spenden für die Bürgerkriegsopfer: Bank für Sozialwirtschaft, Bankleitzahl 370 205 00, Kontonummer 10 20 30, Stichwort Sri Lanka Flüchtlinge