"Stoppt Femizide!"

Für besseren Schutz von Frauen: Aktivistinnen protestieren oben ohne bei Lindner-Rede

Stefan Besner

Online-Redaktion

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9.9.2024, 15:41 Uhr
Christian Lindner (FDP), Bundesminister der Finanzen. (Archivbild)

© Bernd von Jutrczenka/dpa Christian Lindner (FDP), Bundesminister der Finanzen. (Archivbild)

Am Rande von Politikveranstaltungen kommt es immer wieder zu Kapriolen. Ex-US-Präsident Bush flogen Schuhe um die Ohren, Kanzler Olaf Scholz wurde beim Katholikentag durch Zwischenrufe der Letzten Generation aus dem Konzept gebracht und Sara Wagenknecht bekam schon mal eine Torte ins Gesicht. Nun reiht sich Finanzminister Christian Lindner (FDP) ein, ihm wurden auf der Bühne von zwei Frauen mit viel nackter Haut Vorwürfe gemacht, zu wenig.für den Frauenschutz zu tun.

Beim sogenannten Bürgerdialog "JETZT"im Finanzministerium am Sonntagabend stürmten die beiden Aktivistinnen oben ohne auf die Bühne. "Frauen sterben, weil du deinen Job nicht machst", warfen sie Lindner vor. Auf ihren Oberkörpern stand "Keine mehr" und "Stop Femicide", wie der "Focus" und "web.de" berichten. Auf dem Rücken der beiden Frauen sei zudem die Forderung zu lesen gewesen, die Istanbul-Konvention umzusetzen.

Das 2014 verabschiedete Abkommen des Europarats hat zum Ziel, häusliche Gewalt und ganz allgemein Gewalt gegen Frauen zu bekämpfen. Deutschland ratifizierte die Konvention 2017.

Lindner weist Verantwortung von sich

Christian Lindner reagierte mit Blick auf die nackten Tatsachen abwehrend. Er wollte konkrete Argumente für den Vorwurf hören, die Bundesregierung würde nicht genügend Maßnahmen ergreifen. "Zu wenig Geld für den Schutz von Frauen", bekam er von den beiden Aktivistinnen zu hören. Dann schritten Ordnungskräfte ein und führten sie ab.

Das Finanzministerium, erklärte Lindner seinem Publikum daraufhin weiter, sei nicht der richtige Ort für derartige Forderungen. Die Finanzierung von Frauenhäusern oder Fragen der Gewaltprävention würden in den Ländern und Gemeinden geregelt. Wie die "Bild" berichtet, warf er den beiden Frauen noch vor, "Szenen für Social Media" zu inszenieren, anstatt nach einem wirklichen Austausch zu suchen.

155 Frauen gestorben

Gewalt gegen Frauen ist auch 2024 schrecklicher Alltag in Deutschland. Nach Angaben des Bundesministeriums des Innern und für Heimat (BMI) erlebt alle vier Minuten eine Frau Gewalt durch ihren Partner oder Ex-Partner. 167.639 Fälle von Partnerschaftsgewalt und 78.341 Fälle von innerfamiliärer Gewalt wurden vergangenes Jahr erfasst.

In der öffentlichen Debatte werden solche Fälle häufig als Einzelschicksale bagatellisiert. Die Zahlen sprechen allerdings eine andere Sprache. Allein 2023 wurden in Deutschland 155 Frauen Opfer von Gewalttaten mit tödlichem Ausgang durch ihre Partner oder früheren Partner. Für den gleichen Zeitraum zählt das BMI lediglich 24 Fälle, in denen Männer Opfer waren.

"Wir müssen mehr Bewusstsein schaffen"

"Wir müssen mehr Bewusstsein schaffen, Präventionsarbeit leisten – aber genauso wichtig ist es, dass wir betroffene Frauen nicht allein lassen, sondern ihnen Schutz und Unterstützung bieten.", erklärt Bundesinnenministerin Nancy Faeser. Gewalt gegen Frauen sei kein Frauenproblem heißt es auf der Seite des BMI, sondern ein gesamtgesellschaftliches Problem.

Der Gebrauch von Sprache sei für den Umgang mit Gewalt gegen Frauen essenziell. So dürfe nicht länger von "Beziehungstragödien" oder "Eifersuchtsdramen" gesprochen werden, wenn Frauen brutal von Ex-Partnern bedroht, geschlagen oder ermordet werden. "Morde an Frauen – das sind Femizide.", konstatiert Faeser und fordert: "Diese müssen so benannt und auch so bestraft werden: mit lebenslanger Haft."