Für eine Zukunft ohne Gewalt
20.8.2019, 20:02 UhrEs war im australischen Melbourne, als Johannes Lähnemann 1989 zum ersten Mal bei der Weltversammlung der Organisation "Religions for Peace" mit dabei war. 30 Jahre später ist die Anreise zu der Veranstaltung, bei der die Vertreter der verschiedensten Religionen alle fünf bis sieben Jahre zusammentreffen, für den Nürnberger Professor für Religionspädagogik nicht ganz so aufwendig: Erstmals in der Geschichte der 1961 gegründeten Organisation findet der Kongress in Deutschland statt.
In Lindau, wo sich sonst im Tagungszentrum gerne die Nobelpreisträger bei ihrem traditionellen Treffen austauschen, steht noch bis Freitag die Frage im Mittelpunkt, wie Religionen dazu beitragen können, dass es auf der Welt friedlicher zugeht. Als einer von sechs Teilnehmern aus Deutschland will Lähnemann dabei in Workshops vor allem auf die praktischen Ansätze in der Religions- und Friedenserziehung eingehen.
Den Mehrwert religiöser Werte wie Mitgefühl, Toleranz und Barmherzigkeit zu vermitteln, das ist die Herzenssache Lähnemanns, der seit vielen Jahren die Regionalgruppe Nürnberg der Religionen für den Frieden leitet. Die Nichtregierungsorganisation mit Hauptsitz in New York wurde einst als Reaktion auf den Zweiten Weltkrieg und die atomare Bedrohung im Kalten Krieg gegründet. Ihr Ziel ist es, durch ein Netzwerk internationaler Religionsvertreter Friedensarbeit in verschiedenen Krisen und Konflikten weltweit voranzutreiben. Heute gehören der Organisation Gruppen aus mehr als 100 Ländern an.
In Franken nehmen neben den christlichen Kirchen vor allem die jüdische Gemeinde, Muslime, Hindus, Bahai und Buddhisten am regen Austausch teil. Dabei geht es darum, "ein positives Bild vom anderen zu bekommen", wie Lähnemann erläutert: "Wir wollen das Gemeinsame suchen und zugleich die Fremdheit akzeptieren." Verständnis zu wecken soll unterdessen bereits in der Schule losgehen. Miteinander Lehrpläne zu entwickeln, sei da ein wichtiger Baustein, betont der Professor.
Die Doppelrolle der Religionen ist Lähnemann dabei durchaus bewusst. Denn die zu machtpolitischen Zwecken missbrauchte Religion fungiert auch heute noch an vielen Orten der Welt als Brandstifter.
Auf der anderen Seite aber leistet Religion Versöhnungsarbeit – so wie ganz konkret in Lindau: Ganz bewusst haben die Veranstalter religiöse Führer aus Konfliktregionen eingeladen.
So sollen sich am Bodensee etwa Muslime und Buddhisten aus Myanmar und Bangladesch unterhalten. Diese gelten in ihrer Heimat als moralische Instanzen und hätten so Einfluss auf die Bevölkerung, so Lähnemann. Sie sind also wichtige Akteure im Friedensprozess. Zur Illustration des Erfolgs verweist der Professor nicht zuletzt auf Südafrika, wo die Kirchen einst zum Ende der Apartheid beigetragen hätten.
"Dienst an den Menschen"
Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der den Kongress in Lindau eröffnet hat, hob die Rolle der Glaubensgemeinschaften hervor: "Religionen können als wirkmächtige und belastbare Förderer des Friedens einen unverzichtbaren und auch unersetzbaren Dienst an den Menschen leisten", zitiert die Nachrichtenagentur epd das deutsche Staatsoberhaupt. Zugleich warnte er vor dem Missbrauch der Religion. "Religion darf niemals Rechtfertigung von Hass und Gewalt sein", so der frühere Außenminister in seiner Eröffnungsrede.
Noch unter Steinmeiers Ägide hat das Auswärtige Amt die Abteilung Friedensverantwortung der Religionen gegründet, die nun an der Organisation der Veranstaltung mit 900 Delegierten aus 100 Nationen beteiligt war. Diese sollen – geht es nach der Vorstellung der Organisatoren – nicht nur reden, sondern eine "globale Wirkung" erzielen.
Auf der Agenda stehen auch der bessere Schutz von Frauen vor sexueller Gewalt, der Schutz religiöser Stätten sowie Nachhaltigkeit und Klimaschutz. "Wir wollen für unsere gemeinsame Zukunft sorgen", bringt Lähnemann das Anliegen der Delegierten auf den Punkt.
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