G20-Gipfel in Hamburg: Gewalt könnte eskalieren

2.7.2017, 18:23 Uhr
G20-Gipfel in Hamburg: Gewalt könnte eskalieren

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Wenige Tage vor dem G20-Gipfel in Hamburg hat das Bundeskriminalamt (BKA) nach einem Zeitungsbericht eine dramatische Warnung vor gewaltsamen Störaktionen von Linksextremisten abgegeben. Es müsse mit schweren Brandstiftungen sowie Sabotageakten gegen Knotenpunkte der Infrastruktur und des Schiffsverkehrs im Hafen gerechnet werden, berichtete die Welt am Sonntag (WamS) unter Berufung auf das BKA. Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz gab dennoch eine Sicherheitsgarantie: "Seien Sie unbesorgt: Wir können die Sicherheit garantieren", sagte der SPD-Politiker dem Berliner Tagesspiegel am Sonntag.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) schätzt "das gewaltbereite Potenzial in Hamburg auf deutlich über 8000 Extremisten aus dem In- und Ausland", wie er der Bild am Sonntag sagte. Er forderte: "Gewalt, egal von wem, muss von Anfang an im Keim erstickt werden." Am Auftakt für die Hochphase der Demonstrationen gegen den Gipfel beteiligten sich am Sonntag in Hamburg weniger Menschen als die erwarteten mehreren Zehntausend. Nach Polizei angaben waren es 8000, die veranstalter sprachen von 18.000. Es blieb friedlich.

Protest-Camp genehmigt

Das Hamburger Verwaltungsgericht genehmigte das erste Protest-Camp, in dem die Gegner des G20-Gipfels auch übernachten dürfen. Es liegt im südöstlichen Stadtteil Rothenburgsort, rund drei Kilometer von der Innenstadt und mehr als sechs vom Tagungsort entfernt. Die Polizei prüft nun, ob das Zeltlager mit dem Sicherheitskonzept zu vereinbaren ist. Die Aktivisten begannen am Sonntag mit dem Aufbau der Zelte.

SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz forderte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zu Kampfbereitschaft bei der Konferenz am kommenden Freitag und Samstag auf. "Die deutsche Kanzlerin muss es wagen, auch einmal einen Konflikt mit dem amerikanischen Präsidenten (Donald Trump) einzugehen. Bisher bleibt sie immer nur im Ungefähren", sagte er der WamS. Seine Kritik gelte nicht nur Merkel. "Der G20-Gipfel wird ein Gipfel der unverbindlichen Erklärungen sein. Die demokratischen Regierungen sollten sich fragen, ob sie weiter Minimalkonsens-Papiere mit Autokraten verabschieden wollten. Stattdessen sollten sie sich beim Klimaschutz, bei der Migration und Entwicklungspolitik deutlicher absetzen", verlangte der SPD-Chef. Mit Blick auf die Präsidenten der USA, der Türkei und Russlands ergänzte er: "Müssen wir an Trump, an Erdogan, an Putin Konzessionen machen? Nein."

Unterschiedliche Entwicklungsansätze

Merkel umriss am Sonntag ihre Ziele für das Treffen. Die Welt sei zunehmend multipolar mit vielen Zentren und unterschiedlichen Entwicklungsansätzen. Die westlichen Industrieländer müssten dabei nicht zwangsläufig Vorbild für andere Weltregionen sein, gab sie in ihrer veröffentlichten Videobotschaft zu verstehen. In den Schwellenländern, besonders China und Indien, sei das Bewusstsein gewachsen, "dass man sich selber schadet, wenn man den gleichen Entwicklungspfad nehmen würde, den wir genommen haben". Die Entwicklung werde "mit Sicherheit nicht nachhaltig und inklusiv sein, wenn wir es einfach so machen, wie wir es immer gemacht haben".

Beim G20-Gipfel gehe es "nicht einfach nur um Wachstum, sondern um nachhaltiges Wachstum", sagte Merkel. Es gehe darum, eine "Win-Win-Situation für alle" zu schaffen: "Klimaschutzabkommen, offene Märkte, verbesserte Handelsabkommen, in denen auch Verbraucherschutz, Sozialstandards, Umweltstandards enthalten sind."

Die Welthungerhilfe mahnte, beim Gipfel dürfe die Bekämpfung von Armut und Hunger in Afrika nicht außer Acht gelassen werden. "Es ist gut, dass die Partnerschaft mit Afrika auf der Tagesordnung des G20-Gipfels steht", sagte die Präsidentin der Organisation, Bärbel Dieckmann, der Deutschen Presse-Agentur.

"Aber der Kampf gegen den Hunger darf nicht übersehen werden." In Nigeria, im Südsudan, in Somalia und im Jemen droht den Vereinten Nationen zufolge mehr als 20 Millionen Menschen eine Hungersnot. Die UN benötigen für die Hilfe nach eigenen Angaben 4,9 Milliarden Dollar (4,3 Milliarden Euro) – bislang ist weniger als die Hälfte eingegangen.

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