Gaddafi, das schwarze Schaf
22.2.2011, 00:00 UhrMit fast 42 Jahren Regierungszeit ist Gaddafi Afrikas dienstältester Herrscher, er selbst nannte sich deshalb den „König der afrikanischen Könige“. Oberst Gaddafi, nach eigenen Worten 1942 geboren, putschte sich im September 1969 unblutig an die Macht und rief wenige Jahre später den „Staat der Massen“ aus. Dieser regiert sich zumindest in der Theorie selbst, weshalb Gaddafi sich nie Staatschef nennen ließ. In einem „grünen Buch“ legte der Revolutionsführer seine Staatstheorie dar, die den Islam mit dem Sozialismus verschmilzt. Gaddafi nennt sie, nach Sozialismus und Kapitalismus, die „dritte Welttheorie“.
Zu den harmlosen Sonderlichkeiten des 68-jährigen Revolutionsführers gehört das Beduinenzelt, das er selbst zu Staatsbesuchen ins Ausland mitnimmt, weil er nicht in einem Haus schlafen mag. Eine weitere Schrulle ist die frische Kamelmilch, auf die Gaddafi morgens nicht verzichten mag, weshalb immer Kamelstuten mit ins Flugzeug müssen, wenn er auf Reisen geht. Und natürlich die berühmte weibliche Leibgarde, weil der Revolutionsführer sich von Frauen besser beschützt fühlt als von Männern.
Auch mit seinen Ansichten löste der nordafrikanische Machthaber immer wieder Verwunderung aus — wenn er etwa den Zusammenbruch der Sowjetunion mit amerikanischem „Fast Food“ erklärt: Der Hamburger, „eine Mischung aus Kakerlaken, Mäusen und Fröschen“, habe der UdSSR den Garaus gemacht. Heikler sind seine Bemerkungen über Israel sowie seine Bewunderung für Mao Tse Tung, Josef Stalin und Adolf Hitler.
Drahtzieher von Anschlägen
Zum internationalen Paria wurde er nach einer Serie von Anschlägen: 1986 starben bei einem Anschlag auf die Berliner Diskothek „La Belle“ drei Menschen, mehr als 230 wurden verletzt. 1988 explodierte über dem schottischen Lockerbie ein US-Flugzeug und riss 270 Menschen in den Tod, im Jahr darauf starben 170 Menschen beim Absturz einer französischen Maschine in Niger. Hinter den Anschlägen wurde Libyen vermutet.
Anfang der 90er Jahre verhängte die Uno ein Handelsembargo. Jahrelang hielt Gaddafi dem Druck stand, doch im Frühjahr 2003 entschädigte er dann die Opfer der beiden Flugzeuganschläge, wenig später schwor er öffentlich seinem Rüstungsprogramm ab. Im darauffolgenden Jahr zahlte die Gaddafi-Stiftung auch Entschädigung an die Opfer des La-Belle-Anschlags. Libyen wurde so wieder hoffähig, die Uno hob das Embargo auf.
Internationale Konzerne standen fortan Schlange, um Geschäfte mit dem viertgrößten afrikanischen Ölproduzenten einzufädeln. Noch vor einigen Wochen konnte sich niemand vorstellen, dass Gaddafis Machtposition bedroht sein könnte.