Ganz nebenbei: Die alte "Steuerwehr" wird zerlegt
19.1.2019, 06:00 UhrErinnern Sie sich noch an das "Projekt 18" der FDP? Lang ist‘s her: Zur Bundestagswahl 2002 trat Parteichef Guido Westerwelle als Kanzlerkandidat gegen Gerhard Schröder und Edmund Stoiber an. Als Zielmarke hatten die Liberalen ausgegeben, 18 Prozent der Wählerstimmen zu holen.
Das "Projekt 18" gilt im Rückblick als gescheitert, es wurden am Ende nur 7,4 Prozent. Jetzt fragen Sie sich vielleicht, was das mit dem Hier und Heute zu tun hat? Auf Ebay-Kleinanzeigen bietet gerade jemand einen blau lackierten Kofferaufbau eines Feuerwehrautos an. Der stammt von einem historischen Löschgruppenfahrzeug LF 16 aus den 1960er-Jahren mit gelbem Fahrerhaus, Marke Magirus-Deutz.
Feuerwehrtechnik und Türgriffe fehlen schon
Auffällig ist aber nicht nur diese Farbkombination, sondern auch ein markanter gelber Schriftzug am Heck: "Steuerwehr" steht da. Es handelt sich um das ehemalige Wahlkampf-Mobil der FDP, mit dem die Partei für "ein niedriges, einfaches und gerechtes Steuersystem" warb. Auf alten Fotos vom Wahlkampf 2002 ist die einstige Beschriftung vollständig zu sehen: Neben dem Logo der FDP prangte auf dem Fahrzeug eine überdimensionierte Zahl 18.
Und heute? "Im Koffer befindet sich noch eine Bank", schreibt der Verkäufer aus Mecklenburg-Vorpommern in seinem Online-Inserat. Die Feuerwehrtechnik fehle komplett, genau wie die Türgriffe, und der Boden sei bei der Demontage des Koffers vom Lkw-Fahrgestell beschädigt worden. Es handelt sich um einen Privatverkauf, es gibt "keine Garantie, Gewährleistung oder Rücknahme." Das Fahrgestell mit dem gelben Fahrerhaus und dem Motor ist nicht zu haben. Vermutlich wird es wohl zum baldigen Umbau des alten Lasters zum Wohnmobil oder Kipper herangezogen — ein häufiges Schicksal betagter Feuerwehrfahrzeuge.
Auch die AfD setzte zeitweise auf Feuerwehrfahrzeuge im Wahlkampf: Zur Bundestagswahl 2013 tourte die Partei unter ihrem damaligen Vorsitzenden Bernd Lucke mit zwei alten Löschfahrzeugen durchs Land. Darauf stand in großen Lettern "Eurowehr" — denn zu dieser Zeit war die AfD noch vorwiegend eine Anti-Euro-Partei. Das heute so zentrale Flüchtlingsthema stand noch nicht so dominant im Fokus der Partei. Die AfD scheiterte 2013 an der Fünf-Prozent-Hürde und von den beiden "Eurowehr"-Fahrzeugen hat man schon lange nichts mehr gehört oder gesehen.
Wenn es eine Botschaft gibt, die man daraus ableiten kann, dann womöglich diese: Das positive Image der Feuerwehr und ihrer historischen Fahrzeuge eignet sich nur schlecht für eine Vereinnahmung für politische Zwecke. Die Feuerwehr ist per Definition eine unpolitische Organisation. Sie hilft Menschen in der Not — egal, wie viel Steuern jemand zahlt, und egal, ob jemand hier in Deutschland geboren wurde oder nicht.
Und auch wenn die Originalitätsfanatiker unter den Oldtimerfans aufschreien mögen: Vielleicht wird aus dem blau-gelben Lösch-Oldtimer der FDP jetzt zumindest ein schöner, unpolitischer Kipper, an dem jemand seine Freude hat. Ein blau-gelbes Feuerwehrauto sieht ja auch irgendwie seltsam aus.
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