Tumulte, Buhrufe, Blockaden
Gegenseitig die Mikrofone abgeschaltet: Südwest-AfD zerlegt sich auf Landesparteitag selbst
24.2.2024, 19:45 UhrNach viel Chaos und Tumult auf dem Parteitag der AfD in Rottweil hat sich das Führungsduo im Amt behaupten können. Der Bundestagsabgeordnete Markus Frohnmaier und der Landtagsabgeordnete Emil Sänze wurden am Samstagabend als Co-Vorsitzende des Landesverbands bestätigt.
75,7 Prozent der Mitglieder stimmten für Frohnmaier, 24,3 Prozent gegen ihn. Für Sänze votierten 76,46 Prozent, gegen ihn 23,54 Prozent. Zwischen 800 und 900 Mitglieder beteiligten sich an den Wahlen.
Im Landesverband tobt ein Machtkampf. Das Lager um das Führungsduo steht der Bundestagsfraktionschefin Alice Weidel nahe, das gegnerische Lager formiert sich um den Bundestagsabgeordneten Dirk Spaniel. Sieben Mitglieder des alten Vorstands gelten als "Dirkianer" - und sie hatten zuletzt die Mehrheit in dem Gremium. 22 der 37 Kreisverbände hatten deshalb den Sonderparteitag in Rottweil gefordert und damit verbundene Vorstandswahlen, um die Machtverhältnisse endgültig zu klären. Schließlich stehen bald wichtige Wahlen an: die Kommunal-, die Europa- und die Bundestagswahl. Es geht um die Aufstellung von Listen, um Macht, Ämter und Posten.
Mit der Bestätigung des Führungsduos konnte sich das Weidel-Lager in Rottweil durchsetzen. Weder gegen Frohnmaier noch gegen Sänze wollte am Ende ein Gegenkandidat antreten. Den Tag über hatte sich bereits eine Mehrheit für das Weidel-Lager abgezeichnet. Frohnmaier und Sänze riefen beide zu Geschlossenheit auf.
Tumultartige Szenen in der Stadthalle Rottweil
Zuvor war fraglich, ob der Parteitag wegen Überfüllung abgebrochen werden muss. In der Stadthalle Rottweil kam es am Vormittag zu tumultartigen Szenen, Buhrufen, sogar zu einer Art Hammelsprung: Alle Anwesenden mussten zunächst nochmal aus der Halle raus, um die, die nicht stimmberechtigt sind, auszusortieren. Empört trotteten die AfD-Mitglieder im Schneckentempo aus dem Saal, nur um kurze Zeit später abgezählt wieder einzutreten. Die Stimmung im Saal war aufgeheizt. Der Sonderparteitag der Südwest-AfD hätte eigentlich um 10.00 Uhr beginnen sollen, erst viele Stunden später konnten sich die Mitglieder auf eine Tagesordnung einigen. Die Vorstandswahl begann erst um 18.12 Uhr.
1400 Plätze bietet die Stadthalle in Rottweil, mehr dürfen es nicht sein, denn es gibt Sicherheitsregeln, etwa Brandschutzbestimmungen. Doch am Morgen kamen deutlich mehr AfD-Anhänger als erwartet. Vor dem Gebäude bildete sich eine sehr lange Schlange. AfD-Parteitage im Südwesten setzen sich nicht aus Delegierten zusammen, sondern aus einfachen Mitgliedern. Jeder kann kommen, die Anzahl der Teilnehmer ist daher für die Organisatoren schwer berechenbar. Der Verband ist seit Jahren tief gespalten. Die gegnerischen Lager versuchen deshalb, zu Parteitagen so viele eigene Anhänger wie möglich in Bussen aus dem ganzen Land anzukarren.
Vorstandsmitglieder schalteten sich das Mikrofon ab
Stundenlang lieferten sich die verfeindeten Gruppen in Rottweil auf offener Bühne Wortgefechte. Vorstandsmitglieder schalteten sich teils gegenseitig das Mikrofon ab, noch bevor der Parteitag richtig losging. Anhänger von Spaniel zweifelten an der Rechtmäßigkeit des Parteitags, sie behaupteten, dass Mitglieder an der Tür abgewiesen worden seien, weshalb die Wahl anfechtbar wäre. Der Saal wurde während der Räumung von Sicherheitsleuten durchsucht, da das Gerücht kursierte, dass einzelne Mitglieder sich mehrere Stimmgeräte hätten geben lassen.
Irgendwann im Chaos trat Weidel unter Applaus auf die Bühne. Ihre Rede wurde vorgezogen, als Lückenfüller sozusagen, während sich der Saal sortierte. "Wir wollen gemeinsam dafür sorgen, dass der Landesverband in ein ruhiges Fahrwasser kommt, um aufgestellt zu sein für die Kommunal- und Europawahl", sagte die Bundespolitikerin. "Wir können uns nicht leisten, den Konflikt im Landesvorstand weiter in die Länge zu ziehen." Sowohl Weidel als auch Spaniel haben den zerstrittenen Landesverband in der Vergangenheit bereits geführt. Spaniel versucht immer wieder, eigene Truppen zu mobilisieren und nach der Macht zu greifen.