Genua: Unwürdige Debatte nach dem Brückeneinsturz

Dieter Schwab

E-Mail

16.8.2018, 11:05 Uhr
Nach dem Einsturz in der norditalienischen Hafenstadt ist gründliche Ursachenforschung nötig.

© Luca Zennaro/dpa Nach dem Einsturz in der norditalienischen Hafenstadt ist gründliche Ursachenforschung nötig.

Das Problem ist bekannt: Die Infrastruktur - Straßen, Schienen, Brücken - ist veraltet, weil in den sechziger Jahren aus dem Boden gestampft. Das gilt für die Bundesrepublik wie auch für Italien. Das verlangt regelmäßige, verlässliche Kontrollen - und jetzt, nach dem Einsturz in der norditalienischen Hafenstadt, eine gründliche Ursachenforschung.

Damit aber will sich die Regierung in Rom - gestellt von Links- und Rechtspopulisten - gar nicht erst aufhalten. Die Suche nach den Schuldigen hat begonnen, ohne dass die Suche nach den Gründen  bisher überhaupt eine Chance hatte.

Verkehrsminister Danilo Toninelli hat angekündigt, dem Betreiber der Autobahn die Lizenz zu entziehen. Und Innenminister Matteo Salvini griff gar zu einer dreisten Lüge: Die Europäische Union sei Schuld, weil sie Investitionen in die Infrastruktur blockiere. Brüssel konterte überzeugend, dass Rom sogar ermuntert worden sei, genau das zu tun.

Jeder kommt als Schuldiger in Frage

Die Stoßrichtung der italienischen Politik ist klar: Jeder kommt als Schuldiger in Frage, nur nicht die eigene Regierung. Das ist ein unwürdiges Schauspiel und wird den knapp 40 Todesopfern in keiner Weise gerecht. Schon ein Mindestmaß an Anstand hätte geboten, mit solchen Äußerungen wenigstens zu warten, bis sie beerdigt sind.

Nötig ist jetzt vor allem eine zügige, aber gründliche Ursachenforschung: Verborgene Baufehler, schlampige Kontrollen, Überlastung des Bauwerkes, falsche Reparaturen - der Einsturz kann viele Gründe haben. Es ist wichtig, sie zu analysieren, vor allem um ähnliche Ereignisse in Zukunft zu vermeiden. Und wenn der Auslöser der Tragödie erst einmal bekannt ist, dann muss es selbstverständlich auch um die Verantwortung, um die Schuld gehen.

Italiens Regierung kann sich profilieren

Die Regierung Italiens hat durchaus eine Möglichkeit, sich bis zu diesem Zeitpunkt zu profilieren: Sie kann, ja sie muss anordnen, die Kontrollen solch alter Bauwerke zu intensivieren. Und sie kann nach Wegen suchen, wie die veraltete Infrastruktur des Landes modernisiert werden kann  - finanziert entweder durch Staatsgelder oder die ziemlich teueren Mautgebühren. Die EU, so viel ist klar, wird sie daran nicht hindern.

Das wäre dann poitisch verantwortliches Handeln - und nicht billiger Populismus.

 

10 Kommentare