Gottesdienste machen den Kern von Weihnachten aus

Wolfgang Heilig-Achneck

Lokalredaktion

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16.12.2020, 19:47 Uhr
Weihnachten sollte in der Kirche gefeiert werden dürfen, kommentiert NN-Redakteur Wolfgang Heilig-Achneck.

© Andreas Beil, NN Weihnachten sollte in der Kirche gefeiert werden dürfen, kommentiert NN-Redakteur Wolfgang Heilig-Achneck.

Zugegeben: Es mag fast ein wenig verwegen erscheinen, an dieser Stelle an Krippenfeiern, Christvespern und Christmetten festzuhalten - nicht nur virtuell, sondern im gemeinsamen Erleben. Sieht sich doch, wer dafür plädiert, rasch dem üblen Verdacht unverantwortlicher Verharmlosung oder gar Leugnung der Gefahren ausgesetzt.


Kommentar: Sagt die Gottesdienste ab!


Von alledem kann natürlich keine Rede sein. Angesichts der alarmierenden Infektionszahlen blieb gar nichts anderes übrig, als die Notbremse zu ziehen. Gleichzeitig gilt aber auch, dass kaum irgendwo sonst so sorgsam auf Abstand & Co. geachtet wurde und wird wie in den Kirchen. Über Monate hinweg eingeübt und immer weiter verfeinert, haben sich die Regeln so bewährt, dass offenkundig keinerlei Infektionsprobleme auftraten (anders als in einigen abgeschotteten Gemeinschaften).

Die Gläubigen sind zu weit größerem Abstand vergattert als in jedem Geschäft oder auch in Bussen und Bahnen. Und wenn sich alle Kirchgänger obendrein vorher anmelden müssen, lässt sich unvertretbare Enge gut vermeiden. Zumal viele aus freien Stücken ohnehin auf den Kirchgang verzichten.

Jede Regel verträgt Ausnahmen

Gerade jetzt sollte deshalb die - in Bayern gern bemühte - Maxime gelten, die Kirche im Dorf zu lassen und Weihnachten eben, wohl dosiert, auch in Präsenz zu feiern. Jede Regel verträgt gut begründete Ausnahmen - auch weil das die Akzeptanz erhöht. Schließlich ist Weihnachten selbst gerade der Inbegriff einer großen Ausnahme: Wiewohl oft süßlich verklärt, ist die Heils- und Friedensbotschaft gerade das radikale Gegenteil und die Unterbrechung all dessen, was sonst auf dieser Welt gängig ist.

Schade, dass "nur" die katholischen Bischöfe im Freistaat mit der Forderung nach einer Ausnahme von der abendlichen Ausgangssperre eine Lippe gegen die Staatsregierung wagen. Schon weil auch die nächtlichen Christmetten dazu beitragen, die Besuchermengen zu entzerren. Im Vergleich dazu nehmen sich die Äußerungen aus dem evangelischen Bereich fast schon "staatsfromm" aus - was geschichtsbewusste Protestanten an die unselige Allianz von Thron und Altar erinnert. Schon im Frühjahr waren gerade amtskirchliche Äußerungen zum Lockdown von teilweise vorauseilendem Gehorsam geprägt.

Was zumindest manchem Gläubigen sauer aufstößt, ist am Ende freilich das - nennen wir es: Überbietungsgehabe des bayerischen Ministerpräsidenten. Es ist, als könne er, was die Bundesländer gemeinsam beschlossen haben, nur gelten lassen, wenn er selbst noch "eins obendrauf" setzen kann. Das passt nicht zum Geist von Weihnachten.

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