Kommentar zum TV-Schlagabtausch

Hat uns das Triell weitergebracht? Wohl eher nicht

Harald Baumer

Berlin-Korrespondent der NN

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12.9.2021, 22:09 Uhr
Die Ankunft von Armin Laschet in Berlin-Adlershof zum zweiten Fernseh-Triell.

© Daniel Lakomski via www.imago-images.de, imago images/Jan Huebner Die Ankunft von Armin Laschet in Berlin-Adlershof zum zweiten Fernseh-Triell.

Die erste Frage an die Kandidierenden war ein Schlag ins Wasser. Armin Laschet sollte sagen, ob seine Union notfalls auch den Juniorpartner in einer Bundesregierung geben würde. Bei Olaf Scholz und Annalena Baerbock ging es darum, ob sie auch mit den Linken eine Regierung bilden würden. Die Antwort: ein allgemeines, parteiübergreifendes Ausweichen und Drumherumreden. Das waren verschenkte zehn Minuten, denn alle Beteiligten weigern sich schon seit Wochen, in dieser Hinsicht ein klares Wort zu sagen.

Dann aber ging es los. Armin Laschet nutzte bereits die erste Gelegenheit, die wunden Punkte von Olaf Scholz anzusprechen: das Versagen der Finanzaufsicht beim Wirecard-Skandal, die Erinnerungslücken im Zusammenhang mit der Hamburger Warburg-Bank, die jüngst erfolgte staatsanwaltschaftliche Durchsuchung im Finanzministerium.

Endlich liefern

Damit löste der Christdemokrat genau das ein, was von ihm dringend erwartet worden war. Er musste - wie ein Boxer, der schon mehrere Runden nach Punkten verloren hat - nun endlich liefern. Denn ein für ihn miserabel ausgegangenes zweites Triell hätte der Union erneut ein Abrutschen in den Umfragen bedeuten können. So aber blieb er dran, bohrte selbst bei Scholz mit Fragen nach, noch bevor es das Moderatorenduo tun konnte. Olaf Scholz fiel am Ende nur noch die nichtssagende Antwort ein "Ich habe das getan, was zu tun ist".

Interessant war, dass trotz der gegenseitigen Nähe von SPD und Grünen auch Annalena Baerbock den Kanzlerkandidaten der Sozialdemokraten nicht schonte. Das könnte schon ein Vorgeschmack auf Sondierungsgespräche im Herbst sein. Niemand kann sich eines anderes sicher sein: die SPD nicht der Grünen, die Union nicht der FDP. Im Zweifel werden es erst harte Verhandlungen und die Kompromissbereitschaft einzelner Partner sein, die zu Koalitionen führen.

Nichts Neues bei Corona

Der Themenkomplex Corona fiel etwas langweilig aus. Das war keine große Überraschung, denn alle drei bzw. vier Parteien (CDU/CSU, SPD Grüne) haben in den zurückliegenden eineinhalb Jahren eine weitgehend gemeinsame Pandemiepolitik betrieben. Was sollten sie dann auch jetzt an dramatischen Unterschieden herausarbeiten können. So blieb es im Grunde bei Nuancen, in denen sich die Parteien unterscheiden.

In der Klimapolitik immerhin gibt es spürbare Unterschiede. Da warf zum Beispiel Armin Laschet den Grünen und der SPD vor, viel zu sehr mit Verboten und Vorschriften arbeiten zu wollen. Er vertraut auf den deutschen Erfindergeist, der erheblich zur Lösung der Probleme beitragen könne. Olaf Scholz und Annalena Baerbock wiederum vermissen bei der Union die ernsthafte Absicht, die erneuerbaren Energien wirklich voranzubringen.

Hat uns nun das zweite Triell tatsächlich weitergebracht bei der Frage, wen wir wählen sollen und wer im Zweifelsfalle am besten im Kanzleramt aufgehoben wäre? Wohl eher nicht. Das Format wird überschätzt. Es ist durchaus interessant, das Trio beim Austausch der Argumente zu beobachten. Doch das Verhalten der Matadoren war auch maßgeblich von der Ausgangslage in den Umfragen bestimmt.

Alles sehr berechenbar

Laschet griff in erster Linie deswegen an, weil er angreifen musste. Scholz gab den Gelassenen, weil es bei ihm in wesentlich darum ging, möglichst die derzeit sehr guten Werte seiner Partei nicht weiter zu gefährden. Und Annalena Baerbock lag in ihrer Kampflinie irgendwo zwischen den beiden.

Wir werden wohl bis 26. September um 18 Uhr warten müssen, ehe wir von den gegenwärtigen Ungewissheiten über die Stärke und Schwäche der politischen Lager befreit werden. Selbst dann wissen wir aber nicht, welche Koalition an die Regierung kommt. Das ergeben dann vermutlich erst wochen-, wenn nicht monatelange Sondierungsgespräche. Da geht es dann - im Gegensatz zu den Triellen - um harte politische Fakten.

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