Impfung oder Genesung

Immun gegen Corona - Ersetzen viele Antikörper eine Impfung?

Oliver Haas

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14.2.2022, 06:00 Uhr

Antikörper sind die Türsteher unseres Immunsystems. Sie erkennen die Eiweißproteine auf Viren, binden diese und können den Eintritt von Viren in eine Zelle und somit eine Erkrankung verhindern. Wer also viele Antikörper gegen das Coronavirus im Blut hat, müsste demnach auch sicher vor einer Infektion sein - ganz so einfach ist es jedoch nicht.

Können genügend Antikörper im Blut eine Impfung ersetzen? Nicht nur Impfskeptiker stellen sich diese Frage nach einer Infektion. Auch in der Wissenschaft gibt es zwar Empfehlungen aber keinen einheitlichen Konsens darüber, wie lange der Genesenenstatus anhalten kann und ab wann eine Impfung nach der Genesung notwendig ist.

Virologe Prof. Hendrik Streeck, der auch Mitglied der Corona-Experten-Kommission der Bundesregierung ist, hat gegenüber der Augsburger Allgemeine Zeitung einen Denkanstoß zu dieser Debatte gegeben. Ein hoher Antikörperwert könne nach Streeck "aus pragmatischen Gründen" als Immunitätsnachweis dienen.

Welche Antikörper helfen wirklich?

Die Frage ist nur: Wo liegt dieser Wert? Manche Mediziner gehen von 1000 Antikörper pro Milliliter Blut aus. Eine Annahme die Prof. Hans-Martin Jäck, Immunologe an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen, so niemals unterschreiben würde. Denn nicht alle Antikörper können auch eine Ansteckung mit dem Virus verhindern. "Nur einige Antikörper verhindern das Eindringen eines Virus in die Zelle, sogenannte neutralisierende Antikörper. Die anderen binden das Virus nur, verhindern jedoch nicht das Eindringen", erklärt Jäck.

Das bedeutet: Wer einen hohen Antikörperanteil gegen das Coronavirus aufweist, hat nicht automatisch viele dieser neutralisierenden Antikörper. Auch Hendrik Streeck hat darauf hingewiesen, dass man dennoch an Corona erkranken kann, auch wenn man einen hohen Titer (Anm. d. Red.: hohen Antikörperwert) hat.

Aufwendige und teure Tests erforderlich

Zwar gibt es bereits Antikörper-Schnelltests, die nachweisen können, ob die Testperson bereits in Kontakt mit dem Virus gekommen ist oder eine Schutzimpfung erhalten hat. Allerdings bestimmen diese nicht den entscheidenden Wert dieser neutralisierenden Antikörper, die eine Ansteckung verhindern. "Wenn ich wissen will, ob und wie viele Antikörper ich habe, die aktiv gegen das Virus schützen, sind aufwendige und teure Tests im Labor erforderlich. Es ist unmöglich diese bei einer so großen Population durchzuführen", sagt Hans-Martin Jäck.

Um einen allgemeinen Antikörperwert zu bestimmen, bei dem eine Erkrankung mit Corona möglichst unwahrscheinlich ist, wie es Streeck und andere Mediziner vorschlagen, sind noch umfangreiche Studien erforderlich. Im Idealfall Untersuchungen mit tausenden geimpften Probanden, empfiehlt Jäck: "Wahrscheinlichkeiten werden immer besser, um so mehr Probanden untersucht werden. Je mehr Untersuchungen, um so genauer kann dieser Wert bestimmt werden."

Aber auch wenn dieser Wert irgendwann bestimmt wird, also ab wie vielen Antikörpern davon ausgegangen werden kann, dass die Person auch ausreichend neutralisierende Antikörper im Blut haben könnte, handle es sich nur um eine Wahrscheinlichkeit. Zwar gebe es schon erste Studienergebnisse aus den USA, Frankreich oder England, berichtet Jäck. Aber nach dem aktuellen Stand sei eine Debatte oder die genaue Festlegung auf einen solchen Wert noch stark verfrüht.

Darum lautet die Empfehlung des Erlanger Immunologen zum aktuellen Zeitpunkt: "Lassen sie sich unbedingt impfen, in den Abständen die die ständige Impfkommission empfiehlt." Dabei bezieht er sich auch auf die vierte Impfung für Menschen mit Vorerkrankungen und auch ein Abwarten auf Omikron angepasste Impfstoffe sei nicht zu empfehlen. Denn klar ist, wer überhaupt keine Antikörper hat, ist weniger gegen das Virus geschützt.

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