Razzien bei Verantwortlichen

Innenministerin Faeser verbietet rechtsextremes „Compact“-Magazin

Alicia Kohl

Volontärin

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16.7.2024, 09:25 Uhr
Bundesinnenministerin Nancy Faeser verbietet Compact. In mehreren Gebäuden werden Razzien durchgeführt.

© Sven Kaeuler/dpa/tnn/Michael Kappeler/dpa Bundesinnenministerin Nancy Faeser verbietet Compact. In mehreren Gebäuden werden Razzien durchgeführt.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat das vom Bundesamt für Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestufte "Compact"-Magazin sowie die Conspect Film GmbH verboten. Nach Angaben ihres Ministeriums durchsuchen Einsatzkräfte seit den frühen Morgenstunden Räumlichkeiten der Organisation sowie Wohnungen führender Akteure, der Geschäftsführung und von Anteilseignern in Brandenburg, Hessen, Sachsen und Sachsen-Anhalt.

Ziel der Razzia sei die Beschlagnahmung von Vermögenswerten und Beweismitteln, hieß es in einer Mitteilung. Unter anderem wurde ein Haus im brandenburgischen Falkensee durchsucht, dessen Adresse im Impressum des Magazins genannt wird.

Faeser begründet das Verbot damit, dass "Compact" ein "zentrales Sprachrohr der rechtsextremistischen Szene" sei. Sie sagte: "Dieses Magazin hetzt auf unsägliche Weise gegen Jüdinnen und Juden, gegen Menschen mit Migrationsgeschichte und gegen unsere parlamentarische Demokratie." Besonders gegen muslimische Migrantinnen und Migranten, aber auch gegen die Bundesregierung und die "Altparteien" wurde gehetzt. Nach journalistischen Kriterien arbeitende Medien wurden als "Systempresse" oder "Lügenpresse" bezeichnet.

Das Verbot zeige, "dass wir auch gegen die geistigen Brandstifter vorgehen, die ein Klima von Hass und Gewalt gegenüber Geflüchteten und Migranten schüren und unseren demokratischen Staat überwinden wollen."

"Demokratiefeindliche und menschenwürdewidrige Positionen"

Schon 2022 urteilte der Verfassungsschutz, das von Chefredakteur Jürgen Elsässer geleitete Magazin trage "als multimediales Unternehmen demokratiefeindliche und menschenwürdewidrige Positionen in die Gesellschaft". Die führenden Akteure des Magazins unterhalten Kontakte zu wichtigen Akteuren der sogenannten Neuen Rechten. Chefredakteur Elsässer tritt regelmäßig bei rechtsextremen Veranstaltungen auf.

Im Online-Shop von "Compact" kann man unter anderem auch eine Münze mit dem Konterfei des Thüringer AfD-Landesvorsitzenden Björn Höcke erwerben. Elsässer bringt seine Zuhörer bei Veranstaltungen mit Sprüchen wie "Ami go home und Freundschaft mit Russland" zum Johlen. Akteure der AfD bekamen bei Compact regelmäßig eine Plattform, journalistische Kriterien wurden völlig außer Acht gelassen, wie die "Tagesschau" berichtet.

Mit seinen Produkten erreichte Compact viele Menschen, das Magazin hatte nach eigenen Angaben eine Auflage von 40.000 Exemplaren, wie die "Tagesschau" berichtet. Die tägliche Sendung "Compact Der Tag" erreichte auf dem eigenen Youtube-Kanal bis zu 100.000 Klicks, einzelne Formate schafften es sogar bis zu einer Million. Zusätzlich gehören zu Compact noch Sonderhefte und ein Online-Auftritt.

Aggressiv-kämpferische Ziele gegen die Verfassung

Für das Verbot einer Organisation reicht es nicht, wenn diese eine verfassungsfeindliche Haltung vertritt. Weitere Voraussetzung ist, dass sie dies auch in aggressiv-kämpferischer Form tut. Das Bundesinnenministerium führt in seiner Mitteilung aus, es sei zu befürchten, dass Leser und Zuschauer der Medienprodukte von "Compact" durch die Publikationen, die auch "offensiv den Sturz der politischen Ordnung propagieren, aufgewiegelt und zu Handlungen gegen die verfassungsmäßige Ordnung animiert werden".

Dass Compact genau dieses Ziel hat, hat das Magazin gar nicht versucht zu verbergen. Wie die "Tagesschau" berichtet, sprach Compact von sich selbst als "Widerstand". Auch in der Corona-Pandemie diffamierte Compact das politische System als "Impf-Diktatur", die Menschen seien "zwangsgeimpft" und in einer Sendung zur Vogelgrippe wurde gesagt, ein "neuer Impfterror" sei im Anmarsch.

Auch Chefredakteur Elsässer verbarg seine politischen Ansichten keineswegs. In den vergangenen Jahren ließ er wiederholt verlauten: "Wir wollen einfach das Regime stürzen." Das sei im Unterschied zu anderen Medien das Ziel von Compact. Auf einer Veranstaltung in Gera erklärte er, einen eigenen Staat namens DDR zu errichten. "Wir haben doch einen Reichskanzler in Gestalt von Björn Höcke." Um sich gegen Polen zu verteidigen könne man gemischte "deutsch-russische Bataillone" an der Grenze stationieren.

Das Verbot von Compact durch das Bundesinnenministerium setzt am Dienstag ein. Dadurch sollen alle Formate ab sofort nicht mehr produziert werden dürfen, die Internetseite soll abgeschaltet und das Vermögen konfisziert werden. Die Inhalte sollen vom Youtube-Kanal entfernt werden. Compact kann gegen das Verbot klagen.