Naher Osten

Baerbock warnt vor „völliger Destabilisierung“ des Libanon

23.10.2024, 05:06 Uhr
Seit dem letzten Besuch von Baerbock im Libanon hat sich die Sicherheitslage in dem Land deutlich verschärft. (Archivbild)

© Jörg Blank/dpa Seit dem letzten Besuch von Baerbock im Libanon hat sich die Sicherheitslage in dem Land deutlich verschärft. (Archivbild)

Außenministerin Annalena Baerbock hat vor dem Hintergrund des Krieges zwischen Israel und der Schiitenmiliz Hisbollah vor weitreichenden Konsequenzen für den Libanon gewarnt. "Eine völlige Destabilisierung des Landes wäre fatal für die religiös vielfältigste Gesellschaft aller Staaten im Nahen Osten und ebenso für die gesamte Region", sagte die Grünen-Politikerin bei der Ankunft in der Hauptstadt Beirut.

Seit dem Angriff der islamistischen Hamas auf Israel hat Baerbock das Nachbarland mehrfach besucht - doch die Sicherheitslage hat sich zuletzt noch mal deutlich verschärft. Baerbocks Besuch war aus Sicherheitsgründen zunächst geheim gehalten worden.

Israel bekämpft im Libanon die vom Iran unterstützte Hisbollah mit Luftangriffen und auch mit Bodentruppen im Süden des Landes. Der aktuelle Krieg begann vor einem Jahr mit Raketenangriffen der libanesischen Miliz zur Unterstützung der Hamas, gegen die Israel im Gazastreifen seit dem Hamas-Terrorangriff am 7. Oktober 2023 mit rund 1.200 Toten Krieg führt. Seitdem liefern sich die Hisbollah und Israels Militär schweren Beschuss. Hunderte Menschen wurden getötet, Tausende verletzt und Hunderttausende vertrieben, die meisten davon im Libanon.

Baerbock: Israel konnte Hisbollah deutlich schwächen

"In den vergangenen Wochen ist es Israel gelungen, die terroristische Hisbollah deutlich zu schwächen", sagte Baerbock. "Jetzt gilt es, gemeinsam mit unseren Partnern in den USA, Europa und der arabischen Welt eine tragfähige diplomatische Lösung zu erarbeiten, die die berechtigten Sicherheitsinteressen Israels und ebenso des Libanon wahrt."

Der Schlüssel zum Frieden liege in der vollen Umsetzung der Resolution 1701 des UN-Sicherheitsrats. Diese sieht vor, dass sich die Hisbollah von der israelisch-libanesischen Grenze etwa 30 Kilometer weiter Richtung Norden hinter den Litani-Fluss zurückzieht. Israel sieht das als Voraussetzung dafür, dass die Bürger im Norden des Landes in Sicherheit leben können. 

Baerbock: Humanitäre Lage wird immer verzweifelter

Baerbock sagte, bei der Umsetzung der Resolution komme auch den libanesischen Streitkräften eine wichtige Rolle zu. Die libanesische Armee verhält sich in dem Konflikt zwischen Israel und der proiranischen Hisbollah-Miliz neutral. Es kam aber bereits zu Zwischenfällen, bei denen mehrere Soldaten getötet und verletzt wurden.

In Beirut und am Donnerstag bei einer Libanon-Konferenz will Baerbock "ausloten, wie wir auf diesem schwierigen Weg vorankommen können und zugleich dazu beitragen, das humanitäre Leid zu lindern", wie sie sagte.

Die humanitäre Lage im Libanon werde jeden Tag verzweifelter, sagte Baerbock. Es sei unerträglich, "wie verantwortungslos sich Terroristen hinter Zivilistinnen und Zivilisten verstecken und von dort weiterhin Raketen auf Israel abfeuern". Gleichzeitig müsse Israel seine Operationen an den engen Grenzen des Selbstverteidigungsrechts und des humanitären Völkerrechts ausrichten und das Leben unschuldiger Zivilisten schützen.

Baerbock: Angriffe auf UN-Blauhelme verstoßen gegen Völkerrecht

Für alle Konfliktparteien gelte die Verpflichtung zum Schutz von UN-Friedenstruppen. Die UN-Blauhelmtruppe Unifil werde für eine politische Lösung gebraucht, betonte Baerbock. "Jeglicher bewusster Angriff auf UN-Blauhelme verstößt gegen das humanitäre Völkerrecht", erklärte sie.

In Beirut sind Gespräche mit Politikern und Vertretern einer Hilfsorganisation geplant. Es ist bereits die vierte Reise der deutschen Außenministerin in den Libanon seit dem Angriff der islamistischen Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023.