Bundestagswahl

Kaeser lobt Baerbock: Ja, klar!

Manuel Kugler

Redaktion Politik und Wirtschaft

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2.6.2021, 14:35 Uhr
Zwei, die sich schätzen: Annalena Baerbock und Joe Kaeser.

© snapshot-photography/F.Boillot via www.imago-images.de Zwei, die sich schätzen: Annalena Baerbock und Joe Kaeser.

Es ist ein schlichtes Narrativ, was da durch die sozialen Netzwerke geistert: Industrie und Autobauern geht es nur deshalb so schlecht, weil die deutsche Politik ohne Rücksicht auf Verluste (und Arbeitsplätze) eine ideologische Klimaschutz-Agenda durchsetzt. Und wenn erstmal die Grünen an der Macht sind, so geht diese Erzählung weiter, ist der Standort Deutschland gänzlich verloren.

Die implizite Botschaft: Mit einer besseren Regierung, einer, die nicht glaubt, Deutschland könne das Weltklima retten (was, nebenbei bemerkt, auch niemand behauptet), wäre die Industrie ihre Probleme los. Die Autobauer könnten weiter fröhlich ihre Verbrenner produzieren, Siemens Energy Kohlekraftwerke bauen und die Arbeitsplätze wären sicher.

Der deutsche Markt ist nur einer unter vielen

Ausgerechnet denjenigen, die die Grünen zur tödlichen Gefahr für die deutsche Wirtschaft erklärt haben, ist nun jedoch ein potenzieller Kronzeuge verloren gegangen, nämlich einer der prominentesten Industrievertreter des Landes. Statt über überbordende Klimaschutz-Fesseln zu klagen und den Teufel einer grünen Regentschaft an die Wand zu malen, kann sich Ex-Siemens-Chef Joe Kaeser Annalena Baerbock gut als Kanzlerin vorstellen.

Ganz so überraschend ist das aber gar nicht. Denn das eingangs erwähnte Narrativ ist, das weiß auch Kaeser, Unsinn: Deutschlands Unternehmen, ja selbst viele Mittelständler, sind längst globale Player. Der deutsche Markt ist für sie wichtig, aber eben nur einer unter vielen - und selbst im Fall der Autobauer schon lange nicht mehr der größte.

Gegen das Klima ist kein Geschäft mehr zu machen

Angenommen, die deutsche Politik setzte weiter auf Kohle und Verbrenner - die wichtigen Weltmärkte marschieren langfristig dennoch in die entgegengesetzte Richtung: China, der größte Automarkt der Welt, baut massiv auf Elektromobilität und plant ganze Städte ohne Verbrenner; die USA installieren im Zuge der gigantischen Konjunkturprogramme Joe Bidens ein Schnellladenetz für E-Autos. Und um zur Erkenntnis zu kommen, dass Kohlekraftwerke kein Zukunftsgeschäft sind, muss man nicht Wirtschaft studiert haben.

Dass selbst der Vermögensverwalter Blackrock, der sonst nicht im Verdacht steht, sich besonders große Sorgen um die Erde zu machen, Firmen zu mehr Klimaschutz drängt, ist womöglich der beste Beleg: Ja, auch heute lässt sich mit Kohlekraftwerken noch Geld verdienen, aber morgen wird das nicht mehr der Fall sein.

Gegen das Klima ist kein Geschäft mehr zu machen. Diese Botschaft mag schmerzhaft sein. Schmerzhafter wird, sie zu ignorieren.

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