Kanzlergespräche
Kita, Schule, Ausbildung: Bildungsthemen begleiten Scholz
2.11.2023, 21:48 UhrBei seinem Besuch in der Rhein-Neckar-Region hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ein Thema begleitet, für das er nur teilweise zuständig ist: die Bildung. Bei einem Unternehmensbesuch wollten Auszubildende vom Kanzler wissen, wie er die handwerkliche Ausbildung attraktiver machen wolle. Und auch bei einem Bürgerdialog in Mannheim brannte die Bildung den Fragestellern unter den Nägeln wie kaum ein anderes Thema - und das, obwohl Schulpolitik in Deutschland eigentlich Sache der Bundesländer ist.
Eine Mutter aus Mannheim berichtete dem Kanzler etwa von ihrem Sohn, der auf eine Gesamtschule geht. Dort könnten 80 Prozent der Klassenkameraden nicht richtig Deutsch. Aus Scholz' Sicht ein Problem: "Es ist wichtig, dass alle, die hier aufwachsen, die deutsche Sprache lernen und beherrschen", sagte der Bundeskanzler. Um Deutschkenntnisse von Kindern besser und gezielter fördern zu können, brauche es häufige Vergleichstests an deutschen Schulen. "Ich bin dafür, dass man alle zwei Jahre vergleichende Test durchführt. Nicht um die Schüler zu testen, sondern um zu wissen: Wo ist der Stand der Fähigkeiten?", sagte Scholz am Donnerstag vor rund 170 Bürgerinnen und Bürgern in der Alten Schildkrötfabrik in Mannheim.
Die Ergebnisse dieser Tests solle man dann nicht als Statistik, sondern für politische Entscheidungen nutzen. "Um dann zum Beispiel in Schulen, wo das nicht so gut entwickelt ist, sofort nachzuschauen." Zudem sei es wichtig, so der Kanzler, vor allem an den Anfang der Bildungskarriere zu schauen. "Wenn es uns gelingt, ein flächendeckendes Angebot gebührenfreier Kitas zu schaffen, dann würde das bedeuten, dass die Kinder schon gut Deutsch sprechen, wenn sie in die Grundschule kommen", sagte Scholz.
Ebenfalls hilfreich für Bildungsgerechtigkeit wäre es aus Sicht von Scholz, Gelder vermehrt dort einzusetzen, wo die Herausforderungen am größten sind. "Was sind die Sozialindikatoren? Wie sind die Bildungserfolge? Wie sind die Bildungsvoraussetzungen? Wo das alles ganz schwierig ist, da stecken wir einfach mehr rein", sagte Scholz. Man müsse gemeinsam überlegen, wie es möglich werde, dass die teuerste, prächtigste und modernste Schule genau in einem solchen Stadtteil gebaut werde.
Nachholbedarf sieht der Kanzler auch beim Erlernen neuer Fähigkeiten, etwa im Bereich der künstlichen Intelligenz. Es sei sehr sinnvoll, wenn an Schulen auch Programmieren gelehrt werde. "Wir brauchen Kompetenzen, wir müssen Dinge selbst können", sagte Scholz. Das gelte aber nicht nur für Schüler und Studierende. "Wenn in einem Unternehmen über den Fuhrpark gesprochen wird, kann jeder mitreden. Jeder hat sich schon mal mit Autos beschäftigt. Jeder hat eine Idee, wo das Steuer und das Gaspedal ist. Bei künstlicher Intelligenz ist das nicht so Allgemeinwissen." Das müsse sich ändern. Auch Musiker oder Anwälte müssten das Thema so gut verstehen, dass sie mitreden könnten.
Bei den sogenannten Kanzlergesprächen reist Scholz durch alle 16 Bundesländer, um dort mit Bürgerinnen und Bürgern zu diskutieren. Er war in den vergangenen zwölf Monaten unter anderem in Cottbus (Brandenburg), Marburg (Hessen) und Füssen (Bayern). Begonnen hatte die Reihe im Juli 2022 in Lübeck (Schleswig-Holstein), Mannheim war die elfte Station des Kanzlers.
Zuvor hatte Scholz am Nachmittag den Technologie-Konzern Freudenberg in Weinheim nahe Mannheim besucht. Dort besichtigte der Kanzler die Produktion von Gasdiffusionslagen, die Unternehmensangaben zufolge eine Schlüsselkomponente von Brennstoffzellen sind. Zudem sprach er mit Auszubildenden. Auch hier kam schnell die Sprache auf das Thema Bildung, genauer die berufliche Ausbildung. Eine Auszubildende fragte den Kanzler, was die Bundesregierung dafür tue, um junge Leute für eine Ausbildung im Handwerk zu begeistern.
Ein Vorschlag von Scholz: In Filmen und im Fernsehen sollten mehr handwerkliche Berufe gezeigt werden. "Ich wünsche mir, dass es auch häufiger im Fernsehen und im Film vorkommt, dass die Berufe der Stars auch etwas mit der Realität zu tun haben", sagte Scholz. Zudem müsse man deutlich mehr über diese Berufe sprechen. Früher hätten viele junge Menschen einfach den Beruf ergriffen, den die anderen in ihrer Familie gemacht hätten. Das sei schon lange nicht mehr so. "Deswegen muss man erstmal darauf kommen, dass man etwas im Handwerk machen kann, wenn die Eltern und die Tanten alle etwas ganz anderes machen", sagte Scholz.