Kommentar: Der US-Kurs in Syrien ist Zynismus pur

Georg Escher

E-Mail

7.1.2019, 12:46 Uhr
Der isolationistische US-Sicherheitsberater John Bolton verkündete, dass sich die USA doch weiter im Nahen Osten engagieren werden.

© NICHOLAS KAMM Der isolationistische US-Sicherheitsberater John Bolton verkündete, dass sich die USA doch weiter im Nahen Osten engagieren werden.

Eigentlich hatte US-Präsident Trump ganz im Sinne seines Sicherheitsberaters Bolton gehandelt, als er ohne jede Absprache per Twitter verkündete, die USA würden ihre rund 2000 in Syrien stationierten Soldaten abziehen. Außer dem Weltenkonflikt mit China, das Bolton für das größte Übel auf dem Planeten hält, ist dem US-Sicherheitsberater eigentlich alles andere ziemlich egal. Er steht wie kein andere für eine Politik des Isolationismus. Deswegen war es auch nur konsequent, dass er einst als frisch ernannter amerikanischer UN-Botschafter zum Besten gab, es wäre am besten, die obersten zehn Stockwerke des UN-Gebäudes in New York würden verschwinden.

Treuherzige Versicherung

Und nun ist es ausgerechnet Bolton, der verkünden darf, dass sich die USA doch weiter im Nahen Osten engagieren werden. Man wolle "die Verteidigung Israels und unserer anderen Freunde in der Region absolut sicherstellen und sich auch um jene kümmern, die mit uns gegen den IS und andere Terrorgruppen gekämpft haben", verkündete er treuherzig nach einem Treffen mit dem israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu.

Übersetzt heißt das: Die kurdischen Milizen, die bei einem Abzug der amerikanischen Soldaten schutzlos einer türkischen Offensive ausgesetzt wären, sind Bolten bzw. der US-Regierung herzlich egal. Dass damit gleichzeitig der Kampf gegen die Reste des Islamischen Staates (IS) entscheidend geschwächt worden wäre, war Trump jedenfalls nicht so wichtig - bis die israelische Regierung das für problematisch hielt.

Auch Netanjahu geht es selbstverständlich nicht um die Kurden, sondern darum, dass mit einem Rückzug der USA das syrische Regime gestärkt würde. Gleichzeitig würde damit der Einfluss des mit Damaskus verbündeten Iran wieder steigen. Und das soll auf jeden Fall verhindert werden.

Heuchelei auch der Europäer

Die Politik der Europäer ist im übrigens auch nicht frei von Heuchelei. Die Kurden drängen insbesondere die Europäer seit langem, sie sollten ihre Staatsbürger unter den rund 2000 gefangenen IS-Kämpfern sowie ihre Familienangehörigen zurücknehmen. Doch bisher stießen sie damit auf taube Ohren, als wären die Europäer dafür irgendwie nicht zuständig.

Kurzum, in Syrien geht es wederden USA noch Israel noch den Europäern um die Zukunft dieses vom Krieg zerrissenen Landes, auch nicht um die Kurden, sondern nur um die eigenen Interessen. Das ist sehr kurzsichtig, und so wird dort keine Lösung erreichbar sein - mit allen negativen Begleiterscheinungen, die das mit sich bringt.

Verwandte Themen


6 Kommentare