Kommentar: Videoüberwachung kann Sicherheit gefährden

10.3.2017, 12:27 Uhr
Die Aussicht, gefilmt zu werden, könnte so manchen anspornen, an einem solchen, vermeintlich sicheren Ort eine Straftat zu begehen.

© Günter Distler Die Aussicht, gefilmt zu werden, könnte so manchen anspornen, an einem solchen, vermeintlich sicheren Ort eine Straftat zu begehen.

In Zeiten, in denen viele Menschen sorglos Fotos und Filme von sich ins Internet stellen, haben Kameras längst ihren Schrecken verloren. Und doch sollte die nun vom Bundestag beschlossene Ausweitung der Videoüberwachung die Alarmglocken schrillen lassen. Denn sie verletzt die Privatsphäre und macht jeden Passanten zu einem potenziell Verdächtigen. Das ist eine unschöne Grundeinstellung, mit der da Menschen begegnet wird und schafft eine Kultur des Misstrauens.

Diese setzt sich fort, wenn anschließend die Polizei das gesammelte Videomaterial mit modernen Analysemethoden auswertet, wie es heute schon in Frankreich der Fall ist. Ein Gesichtserkennungssystem scannt - ohne dass der leiseste Verdacht vorliegen muss - jeden Menschen auf seine Schuld oder Unschuld hin. Klar, dass das Missbrauchsmöglichkeiten eröffnet, die es sorgsam einzudämmen gilt. Die technischen Möglichkeiten dürfen eben nicht genutzt werden, um etwa nach Autodieben oder Schulschwänzern zu fahnden.

Der Fall von Marcel H. aus Herne, der einen Neunjährigen ermordet und Fotos davon ins Internet gestellt haben soll, und der des Weihnachstmarktattentäters von Berlin, der in Richtung der vorhandenen Kamera gestikulierte, machen deutlich, dass manche Täter bewusst eine größere Öffentlichkeit für ihr Verbrechen suchen. In dieser Logik kann mehr Videoüberwachung sogar die öffentliche Sicherheit gefährden, nämlich dann, wenn Täter bewusst Orte auswählen, weil sie sich gefilmt wähnen.

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