Kommentar: Warum die AfD alles andere als bürgerlich ist

Roland Englisch

Nürnberger Nachrichten

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15.9.2019, 14:56 Uhr

Auch an diesem Wochenende hat die AfD bewiesen, dass sie in ihrem Inneren längst nicht so harmlos ist, wie sie es nach außen darstellt. Die Partei ist tief gespalten in zwei Lager, in das der Alternativen Mitte aus Rechtskonservativen und den Völkisch-Nationalistischen des Flügels. Der Hass, mit dem sich die Gruppen bekämpfen, die Brutalität im Umgang miteinander und die Wortwahl sind so erschreckend wie symptomatisch. 

Es passt nicht, das bürgerliche Etikett, das sich die AfD umhängt. Wer den politischen Gegner als Hure verunglimpft, als Stiefellecker oder Ökofaschist, wer die anderen Parteien als Saustall abtut, der ist an einem Ringen um die richtigen Lösungen nicht interessiert, dem geht es ums Diffamieren. Härte in der politischen Auseinandersetzung gehört dazu, doch damit hat das nichts zu tun. Welche bürgerlichen Werte ein solches Auftreten rechtfertigen, bleibt das Geheimnis dieser AfD-Politiker.

 

Weit alarmierender ist allerdings, welche Macht mittlerweile der Flügel besitzt, besonders in der bayerischen AfD. Die Rechtsnationalen um Björn Höcke hatten die Übernahme des bayerischen Landesverbands quasi im Handstreich geplant. Und es wäre ihnen fast gelungen.

Die Gemäßigten in der Partei verweisen zwar darauf, dass der Verlauf des Parteitags nicht widerspiegele, wie stark, oder in ihren Augen schwach, der Flügel in der bayerischen AfD in Wahrheit sei. Doch die Völkisch-Nationalen haben ihre Anhänger weit besser mobilisiert, als es den sogenannten Gemäßigten gelungen ist. Sie werden ihre Niederlage kaum als solche verstehen, sondern als Ansporn.


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Zumal sie mit Katrin Ebner-Steiner weiter die Spitze der Landtagsfraktion besetzen, eine Fraktion, in der die Gemäßigten sich gegen die Wand gedrückt fühlen, wenn sie nicht ohnehin das Handtuch geworfen haben. Wer die Fraktion kontrolliert, der bestimmt den öffentlichen Diskurs, die Wahrnehmung, ist der eigentlich Mächtige.

Es wäre an der neuen Parteivorsitzenden, dass sie Ebner-Steiner einbremst, die AfD auf einen gemäßigten Kurs führt, die Partei abgrenzt gegen den Flügel und die Rechtsnationalen, wollte die AfD wirklich eine bürgerliche Alternative werden, die sie nicht ist.

Corinna Miazga allerdings zählt sich "formal" zum Flügel, hat mit harten rechten Positionen auf sich aufmerksam gemacht und geht bewusst nicht auf Distanz zu den Völkisch-Nationalen. Weil zudem zwei ihrer drei Stellvertreter im Vorstand weiter dem Flügel angehören, bleibt dessen Macht in der bayerischen AfD ungebrochen.

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