Kommentar: Warum die WM in Katar keine schöne werden kann

Sebastian Gloser

Sportredakteur

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18.12.2019, 12:49 Uhr
In Katar werden Stadien gebaut, die nach der WM 2022 niemand mehr braucht - eine gigantische Ressourcenverschwendung.

© Sebastian Gloser In Katar werden Stadien gebaut, die nach der WM 2022 niemand mehr braucht - eine gigantische Ressourcenverschwendung.

Die Idee klang verrückt und sie ist es ja auch. Immer noch. Eine Fußball-WM mitten in der Wüste, wo es jeder Grashalm schwer hat, auch nur einen Tag zu überleben? Vier zentrale Argumente gab es gegen eine WM in Katar, sie sind seit der Vergabe 2010 nur sehr ungenügend entkräftet geworden. Da war, erstens, der Aufschrei in den traditionellen Fußballnationen. Muss ein Sport, der weltweit so viele Millionen Anhänger hat, an einen Ort vergeben werden, wo er keine nennenswerte Geschichte hat? Muss sich der Fußball wie andere Sportarten verkaufen, um mehr Fans zu gewinnen? Nein, das muss er nicht.

Das vielleicht einzige universelle Spiel wird trotz aller Skandale an der Spitze des Weltverbandes geliebt, es hätten sich – im Gegensatz zu den Olympischen Spielen – genügend potenzielle Ausrichter gefunden. Dass der Sport nicht exklusiv den Europäern gehört, ist richtig, der Einwand, dass durch die Vergabe ein bislang weißer Flecken getilgt wird, aber ein schwacher. Ein Turnier in einem Land mit 300.000 Einwohnern ist kein "Turnier für die arabische Welt" als das es gepriesen wird. Erst recht nicht, da die arabischen Nachbarn kaum zusammen feiern werden.

Leere Stadien und das Klima

Das zweite Argument leitete sich aus einem Blick auf die Klimatabelle ab. Wie soll bei über 40 Grad und hoher Luftfeuchtigkeit Fußball gespielt werden? Die Chefpragmatiker von der Fifa fackelten nicht lange und verlegten das Turnier in den Winter. Dass die europäischen Wettbewerbe dadurch völlig aus dem Takt geraten? Eine Randnotiz.

Alle – außer die 14 Mitglieder des Komitees, die für Katar stimmten – stellten sich, drittens, folgende Frage: Was macht dieses kleine Land mit seiner noch kleineren Fußball-Liga, in der sich höchstens alternde Stars tummeln, nach der WM mit acht Stadien? Nun gut, zwei werden wieder abgebaut, andere sollen in den Alltag Dohas integriert werden, doch es bleibt: eine gigantische Ressourcenverschwendung.

Viertens, und das dürfte der entscheidende Punkt sein: die Menschenrechte. Zwar hat die kritische Berichterstattung der vergangenen Jahre einige Prozesse in Gang gesetzt, allerdings hätte Katar ohne die WM nie in diesem Ausmaß Arbeiter gebraucht. Alleine Nepal hat 1426 Argumente gegen die Veranstaltung gezählt.

Ein naiver Gedanke

Die vielleicht schönste WM aller Zeiten? Das ist eine Fata Morgana, eine Täuschung am Horizont, eine Idee, auf die man wohl nur kommen kann, wenn einem die Hitze und die schönen Fassaden Katars die Sinne vernebeln.

Wer nicht bereit ist, sich dem hinzugeben, kann in drei Jahren immerhin aktiv werden. Indem er passiv bleibt. Also kein Spiel vor Ort besuchen. Den Fernseher auslassen. Public Viewings meiden. Die Aufmerksamkeit ist die härteste Währung für die Fifa und ihre Partner. Das ist ein naiver Gedanke, aber vielleicht ist Naivität das letzte Gut, das im modernen Fußball noch bleibt.

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