Klima-Katastrophen zwingen uns zum Handeln
Kommentar zu Wetter-Extremen: Es muss viel mehr passieren für den Klimaschutz
15.7.2021, 17:54 UhrWas für eine fürchterliche Katastrophe: Die Zahl der Todesopfer durch das verheerende Hochwasser in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen ist jetzt schon höher als bei der Flut in Sachsen und Tschechien 2002. Dass sich Wassermassen derart heftig ihre Bahn brechen - das war in Deutschland so bisher nicht zu erleben. Die Bilder sind dramatisch.
Und die Schäden, die das Hochwasser dort anrichtete, sind allem Anschein nach noch gewaltiger als die der Flut, die vor einer Woche Teile unserer Region überschwemmt hat. Wobei auch für Franken schon wieder Starkregen angekündigt ist - Regen, vor dem manche inzwischen aus nur zu guten Gründen Angst haben.
Wir erleben erneut einen Sommer des Extremwetters - wobei die Extreme immer heftiger werden. In den USA brennen Wälder. Die Temperaturen sind teils derart hoch, dass Löschwasser aus Flugzeugen oft verdunstet, bevor es den Boden erreicht. Kanada stöhnt unter einer katastrophalen Hitzewelle, die Menschenleben kostet und Vögel tot von den Ästen fallen lässt.
Die Verdichtung und Häufung solcher Wetter-Extreme ist also offensichtlich. Experten sehen darin durchaus Folgen des Klima-Wandels: Gestiegene Temperaturen führen dazu, dass sich in der Atmosphäre mehr Unwetter zusammenbrauen. Ob das nun menschengemacht ist (was viele für unabweisbar halten) oder nicht - das ändert nichts daran, dass wir derartige Extreme samt einer Vielzahl von Katastrophen erleben.
Manche treten noch auf die Bremse
Es ist also nicht mehr übersehbar, dass sich da Bedrohliches entwickelt - was sich in den kommenden Jahren mit weiter steigenden Temperaturen noch zu verschärfen droht. Da ist es umso erstaunlicher, dass zumindest vor der Flut-Katastrophe an Rhein und Ruhr immer noch manche Politiker und Wirtschaftsvertreter auf die Bremse treten, wenn es um den Klimawandel geht.
Am Mittwoch hat die EU-Kommission ihren Klima-Fahrplan vorgestellt. Er ist keineswegs perfekt, da ist noch viel Detailarbeit zu leisten. Aber: Der Kontinent schickt sich an, klimaneutral zu werden - ein ebenso ehrgeiziges wie buchstäblich notwendiges Ziel.
Wie dies genau gelingen kann, darüber muss noch viel gestritten werden. Sind hochmoderne Verbrenner mit synthetischen Kraftstoffen oder Wasserstoff-Motoren womöglich doch die bessere Alternative zu Elektro-Mobilität? Eine wichtige Debatte.
Aber auch sie hat letztlich das Ziel, Emissionen zu verringern. Zu diesem Ziel ist die Politik kürzlich sogar geradezu verurteilt worden, im wahrsten Wortsinn - vom Bundesverfassungsgericht. Seine spektakuläre Entscheidung setzt die Regierenden unter Handlungsdruck: Es muss sehr rasch sehr viel mehr passieren für den Klimaschutz. Ähnliche Urteile gab es in anderen Staaten gegen große Konzerne, die zu einem nachhaltigeren Verhalten gezwungen wurden.
Aktuell stellt sich besonders akut die Frage nach dem Hochwasserschutz: Wo können Versäumnisse und Fehler der Vergangenheit behoben werden? Diese Fehler gab es, weil die Politik - wie so oft - auf kleinere Unwetter nicht reagierte und der notwendige Schutz oft unterblieb. Flüsse wurden begradigt, Bebauungspläne nahe von möglichen Überflutungsflächen ausgewiesen – das sind Sünden, die sich nun auf brutale Art rächen. Denn ein Teil der katastrophalen Folgen wäre durch vorausschauendere Politik mit einiger Sicherheit einzudämmen gewesen.
Im Wahlkampf spielte all das bisher kaum eine Rolle. Bis vor der Katastrophe warnten etliche Politiker im Einklang mit Industrie-Vertretern vor zu dirigistischen, zu radikalen Beschlüssen. Deutschland und Europa müssten wettbewerbsfähig bleiben. Ja, das muss es, selbstverständlich. Aber das geht vor allem durch modernste, umweltfreundliche Technik. Dass die höchst wettbewerbsfähig sein kann, das haben viele Unternehmen längst verstanden. Im übrigen setzen auch die USA unter Joe Biden, setzt auch China auf eine grünere Wirtschaft - der Wettlauf um den Vorsprung in Sachen nachhaltiger Technik hat längst begonnen. Kluge Politik kann ihn befördern und beschleunigen, damit Deutschland und Europa nicht abgehängt werden - und damit wir uns nicht an derart verheerende Wetter-Katastrophen gewöhnen müssen.
Dieses Thema hat Sie besonders interessiert? In unserem Newsletter "Aus dem Newsroom" erfahren Sie alles Wichtige über die Arbeit der Redaktion und erhalten exklusive Einblicke. Hier kostenlos bestellen. Freitags um 6 Uhr in Ihrem Mailpostfach.
28 Kommentare
Um selbst einen Kommentar abgeben zu können, müssen Sie sich einloggen oder sich vorher registrieren.
0/1000 Zeichen