Themen waren Corona und Ukraine-Flüchtlinge
König im Schloss: Nürnbergs OB besucht Bundespräsidenten
18.03.2022, 14:43 Uhr
Beim Bundespräsidenten ist man nicht alle Tage eingeladen. Nicht einmal dann, wenn man von Beruf Oberbürgermeister einer so großen Stadt wie Nürnberg ist. Deswegen hatte sich Marcus König sehr gefreut, als er den Brief aus dem Schloss Bellevue erhielt - und keine Sekunde überlegt, ob er nach Berlin fahren sollte oder nicht.
Letztlich dauerte der Termin zwar nur drei Stunden, während der OB rund neun Stunden Reisezeit in Kauf nehmen musste. Aber der Ausflug habe sich rentiert, versicherte er unmittelbar nach dem Treffen mit dem Staatsoberhaupt und einigen Dutzend anderer Kommunalvertreter(inne)n aus ganz Deutschland.
Frank-Walter Steinmeier wollte von den Bürgermeistern und Oberbürgermeistern wissen, wie sich die dritte Krise - nach Corona und Klimawandel nun auch noch die Aufnahme vieler Flüchtlinge aus der Ukraine - bewältigen. Und wie er ihnen dabei unter Umständen helfen kann. Mit Lob sparte er bei seiner Ansprache nicht. Kommunen machten derzeit „das Unmögliche möglich“, leisteten geradezu „Übermenschliches“.
Der Präsident geht auf Reisen
Marcus König findet es gut, dass der Präsident sogenannte „Ortszeiten“ verkündete. Das heißt: Er will in seiner zweiten Amtszeit, die jetzt beginnt, noch viel mehr Städte und Dörfer besuchen, um zu erkennen, wo die Probleme liegen. Den Anfang machte er gleich nach der Veranstaltung im thüringischen Altenburg, einer Hochburg der Corona-Leugner.
Der Nürnberger OB hofft, dass auch seine Stadt mal an der Reihe ist. Zu erzählen hätte er manches - zum Beispiel, wie sehr Städte und Gemeinden immer noch mit organisatorischen Hürden kämpfen, für die sie nichts können.
Ganz konkret fällt Marcus König das Anmeldeverfahren für die Ukraine-Flüchtlinge ein. Die Ankerzentren werden mit so vielen Menschen nicht fertig, also wurden die Kommunen gebeten, mit den mobilen Stationen zum Erfassen der Fingerabdrücke zu arbeiten, die ihnen schon vorlägen.
Sieben Geräte für Deutschland
Der Oberbürgermeister fragte nach und erfuhr, dass Nürnberg genau eine solche Station erhalten hat - und die funktioniert nicht. Der Bund werde nachliefern, hieß es. Und dann stellte sich heraus: dort verfügt man auch nur über sieben solcher Geräte, die man (für ganz Deutschland) verteilen könne.
In solchen Momenten fasst sich Marcus König an den Kopf, weil er es nicht fassen kann, wie wenig den Kommunen geholfen wird. Auch bei den finanziellen Zusagen ist noch längst nicht ausgemacht, wieviel Geld es geben wird. Für manch klamme Stadt ist das ein echtes Problem.
Auf Interesse beim Präsidenten und den Kolleg(inn)en stieß der OB, als er das Nürnberger „Kuratorium für Vielfalt und Zusammenhalt“ vorstellte, das zivilgesellschaftliche Organisationen vernetzen will - unter anderem bei der Flüchtlingshilfe.
Schüler in den Stadtrat
Außerdem stimmte Frank-Walter Steinmeier dem Oberbürgermeister zu, als der sich für eine bessere Verankerung der Kommunalpolitik im Schulunterricht aussprach. Bisher komme das nur in der vierten Klasse vor, obwohl man doch Jugendliche gerade auf kommunaler Ebene am besten etwas über Demokratie lernen könnten.
2000 Ukraine-Flüchtlinge sind in Nürnberg schon offiziell angemeldet. Wie viele es noch werden, kann keiner sagen. Aber Marcus König legt eine Schätzung vor, wie es kommen könnte. Vor dem Krieg bereits lebten 4200 aus der Ukraine stammende Menschen in Nürnberg. Wenn jeder von denen nur zwei Verwandte, Freunde, Landsleute bei sich aufnehme, nähere man sich schon der Zahl 10.000.
Ein schwieriger Moment wird es sein, so der OB, wenn die bislang privat untergebrachten Flüchtlinge nach einiger Zeit eigenen Wohnraum benötigten. Dann müsse man auch mit den ländlichen Gemeinden in der Region ins Gespräch kommen, die oft sogar noch Leerstände hätten.
Auch sei es nötig, auf allzu strenge Regelauslegung zu verzichten. Als Beispiel nennt König die Kinderbetreuung und den Schulunterricht. Da müsse der Gesetzgeber dringend darüber nachdenken, über DIN-Normen für die Raumgröße und den Betreuungsschlüssel hinwegzusehen.
Ob sich all seine Vorschläge verwirklichen lassen, bezweifelt der Oberbürgermeister. Leider habe man aus der letzten Flüchtlingskrise nach 2015 nicht all die nötigen Konsequenzen gezogen. Seine Erkenntnis: „Der Mensch vergisst eben schnell, wenn Probleme scheinbar wieder verschwunden sind.
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