Nürnberg bereits aktiv

Krieg in der Ukraine: So bereitet sich Franken auf Flüchtlinge vor

26.2.2022, 14:45 Uhr
Geflüchtete aus der Ukraine werden nach ihrem Grenzübertritt von Schehyni in der Ukraine nach Medyka in Polen verpflegt. Freiwillige haben für die Flüchtlinge Essen, Kleidung und alles sonstige Lebensnotwendige bereitgestellt.

© Michael Kappeler, dpa Geflüchtete aus der Ukraine werden nach ihrem Grenzübertritt von Schehyni in der Ukraine nach Medyka in Polen verpflegt. Freiwillige haben für die Flüchtlinge Essen, Kleidung und alles sonstige Lebensnotwendige bereitgestellt.

Bayern bereitet sich intensiv auf die Versorgung von ukrainischen Flüchtlingen vor. Landkreise und Kommunen sind bereits dabei auszuloten, wo konkret wie viele Hilfsbedürftige untergebracht werden können, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur zeigt. Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hatte betont: "Dass es sich hier um Kriegsflüchtlinge handelt, ist nun offenkundig, und dass man diesen Menschen helfen muss, auch in europäischer Solidarität, ist auch offenkundig."

"Wir haben die Kommunen bereits angeschrieben und eine Bestandsaufnahme angefordert", erläuterte ein Sprecher des Innenministeriums in München. "Man will einen Überblick gewinnen, welche Anzahl von Zugängen man derzeit bewältigen kann." Aber auch, welche Maximalkapazität sich mit dem Aufbau entsprechender Strukturen bewältigen ließe und wie lange es dauern würde, diese aufzubauen. "Wir haben da ja schon aus der Zeit um 2015 einige Erfahrungen."

Der Landkreis Oberallgäu steht bereits parat, um kurzfristig bis zu 400 Menschen in Notunterkünften unterzubringen. Dafür soll zunächst die Turnhalle der Immenstädter Berufsschule hergerichtet werden.

Der Landrat des Landkreises München, Christoph Göbel, rief derweil die Bevölkerung zum Helfen auf: "Wenn Sie Platz zur Aufnahme von Geflüchteten aus der Ukraine haben, sei es in Privathäusern, Wohnungen oder anderen geeigneten Unterbringungsmöglichkeiten, die derzeit zur Verfügung stehen, melden Sie diesen bitte an uns."

Auch die Kommunen sind aktiv. München etwa kann kurzfristig rund 500 Plätze für die Unterbringung von Geflüchteten zur Verfügung stellen. Weitere 1000 Plätze würden derzeit vorbereitet, hieß es. Auch könnten ausreichende medizinische Kapazitäten bereitgestellt werden. "Dass wir schnell und professionell helfen können, haben wir ja schon 2015 gezeigt. Auf diese Strukturen und Erfahrungen können wir jetzt zurückgreifen", betonte Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD).

So bereitet sich Franken auf Flüchtlinge vor

Nürnberg, wo bereits mehr als 4000 Ukrainer leben, hat ebenfalls schon ganz konkrete Maßnahmen getroffen. "Die Melde- und die Ausländerbehörde ist bereits vorbereitet, die rechtlichen und organisatorischen Vorbereitungen sind in Abstimmung mit den Behörden des Freistaats erfolgt. Das Amt für Migration hat für ukrainische Bürger bereits einen Hinweis auf der städtischen Internetseite mit wichtigen Links eingerichtet", schilderte ein Stadtsprecher.

Die größte fränkische Kommune sei darauf vorbereitet, nicht nur Flüchtlinge, die über den deutschlandweiten Schlüssel verteilt werden, zu versorgen. Auch Familienangehörige oder Freunde von Einwohnern, die direkt in der "Stadt der Menschenrechte" einträfen, erhielten Unterstützung. "Da kann auch auf bewährte Strukturen in Zusammenarbeit mit Hilfsorganisationen, der Feuerwehr und kommunalen Einrichtungen zurückgegriffen werden. Dazu zählen dann auch ehrenamtliche Helferinnen und Helfer", berichtete der Sprecher.

In der Nachbarstadt Fürth sind derzeit keine städtischen Unterkünfte frei. "Es wird aber bereits damit begonnen, nach anderweitigen Lösungen zu suchen", betonte die Stadt.

"Ich hatte bis zuletzt gehofft, dass die Diplomatie siegt und dass wir aus der Vergangenheit gelernt hätten, dass es bei einem Krieg immer nur Verlierer gibt", begründete Würzburgs Oberbürgermeister Christian Schuchardt (CDU) die Hilfsbemühungen. "Ich hatte gehofft, dass unserer Generation das erspart bleibt, was uns unsere Eltern und Großeltern berichten mussten."

"Nicht auf seitenlange Verwaltungsanweisungen von oben warten"

Bei der Aufnahme werde aber die Unterstützung von Land und Bund benötigt, sagte der Vizepräsident des Bayerischen Landkreistags, der Fürstenfeldbrucker Landrat Thomas Karmasin, am Freitag. "Insbesondere fordern wir Bund und Land auf, ungenutzte Liegenschaften unverzüglich für die Unterbringung von Menschen aus den Krisengebieten zur Verfügung zu stellen."

Zudem müssten die geltenden Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen für ukrainische Staatsangehörige unbürokratisch vollzogen werden. "Es kann und darf nicht sein, dass traumatisierte Menschen aus der Ukraine in dieser Situation ohne Visum nur für 90 Tage in die Bundesrepublik Deutschland einreisen dürfen oder gar zur Ausreise in ein Kriegsgebiet gezwungen werden, weil deren Visum innerhalb der nächsten Tage und Wochen abläuft", hieß es.


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Karmasin betonte: "Wir können in der jetzigen Situation nicht auf seitenlange Verwaltungsanweisungen von oben warten, sondern brauchen eine pragmatische Handhabung." Die bayerischen Landrätinnen und Landräte seien entsetzt über den Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine und fühlten mit den Menschen, über die der Krieg so viel Leid bringe.

Wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine sind nach Schätzungen des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) bisher weit mehr als 100.000 Menschen in Nachbarländer geflüchtet. Allein nach Polen seien an den ersten beiden Tagen der Invasion etwa 75.000 Menschen geflüchtet, sagte der deutsche UNHCR-Sprecher Chris Melzer am Samstag der Deutschen Presse-Agentur.

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