Nach der Konferenz von Glasgow
"Lassen uns nicht mit billigen Ausreden abspeisen": Klimaschützer aus Franken kritisieren Gipfel
15.11.2021, 05:55 UhrEs bedarf nicht vieler Worte, um viel zu sagen: "Die COP26 ist vorbei", schreibt Greta Thunberg, die Ikone der Klimabewegung Fridays for Future, nach dem Konferenzende bei Twitter – und liefert sogleich "eine kurze Zusammenfassung" des Gipfels mit: "Blah, blah, blah."
Luisa Neubauer reicht sogar ein einziges Wort: "Betrug". Genau das sei das Abschlussdokument – und zwar "an allen jungen Menschen auf dieser Welt, die darauf setzen, dass sich Regierungen um ihre Zukunft kümmern", sagt die deutsche Klimaaktivistin.
Auch Fabia Klein ist sauer. "Auf der Weltklimakonferenz hätte sich die Politik beweisen müssen. Die Klimakrise ist eine Menschheitsaufgabe und diese Verantwortung ist auch nach dieser Klimakonferenz merklich nicht bei den Staaten angekommen", sagt die Nürnbergerin, die Pressesprecherin von Fridays for Future Deutschland ist. Noch sei das Ziel erreichbar, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, doch statt dafür einen "engagierten Ausstieg" aus der Kohle zu vollziehen, hätten sich insbesondere die Industriestaaten "lediglich minimal ans fossile System herangetraut und den Status Quo nur wenig verändert".
Für Fridays for Future sei die Botschaft aus Glasgow deswegen klar: "Für uns heißt das jetzt nach wie vor: der aktuellen Bundesregierung zeigen, wo der Hammer hängt", sagt Fabia Klein. "Wir bleiben nicht still auf unseren Plätzen. Wir packen es an und lassen uns nicht mit billigen Ausreden abspeisen."
Lisa Badum für Verbrenner-Aus und Kohleausstieg bis 2030
Die Forchheimer Grünen-Abgeordnete Lisa Badum ist indes bemüht, trotz der "weichen Erklärungen" des Gipfels das Positive zu sehen. "Erstmals bekennen sich 197 Länder zum notwendigen Ende der fossilen Treibstoffe und zum Einleiten eines weltweiten Kohleausstiegs", sagt die klimapolitische Sprecherin ihrer Fraktion im Bundestag, die selbst in Glasgow war. Zudem begrüßt sie, dass sich mit den USA und China die beiden größten Verursacher von Treibhausgasemissionen "endlich und erstmals" zum Klimaschutz bekannt hätten.
In die Pflicht nimmt sie auch die künftige Koalition in Deutschland, die die Grünen einschließt: "Deutschland braucht eine Klimaregierung, die die internationalen Erklärungen auch bei uns umsetzt: Kohleausstieg 2030, Aus des Verbrenners, Auslaufen der Finanzierung auch von fossilen Gasprojekten im Ausland, Abbau klimaschädlicher Subventionen", zählt Badum auf. Mit Blick auf das Ende des Verbrennungsmotors und die vielen Autozulieferer in Franken mahnt sie: "Wir müssen jetzt sofort gemeinsam die Anstrengung zur Transformation in unseren Autozulieferregionen verstärken."
Auch Alexandra Struck und Jonathan Kolb waren bei der Konferenz selbst vor Ort, für sie war es ein Gipfel der verpassten Chancen, aber auch der Anzeichen von Hoffnung. "Die Ergebnisse allein sind enttäuschend. Klare Gewinner von Glasgow sind die reichen Verschmutzerstaaten mit ihrem ,Weiter-So'", sagt Kolb, der in Nürnberg Wirtschaftsinformatik studiert und im Landesvorstand der Jugendorganisation des Bund Naturschutz sitzt. "Die Interessen und Perspektiven von besonders betroffenen Staaten, Menschen und Communities waren deutlich unterrepräsentiert und wurden an den Rand gedrängt."
"Ein Beispiel dafür ist, dass kein neuer Geldtopf für Schäden und Verluste aufgesetzt wurde. Es wurden Gelder zugesagt, aber außerhalb des tatsächlichen Abkommens", erklärt Alexandra Struck, die im Sommer an der FAU ihren Bachelor in Kulturgeographie gemacht hat und jetzt in Augsburg studiert. Sie engagiert sich im Bundesvorstand der BUNDjugend, also der Nachwuchsorganisation des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland. "Keiner will die Verantwortung für die Vergangenheit tragen und gleichzeitig gibt es keinen klaren Fahrplan für die Zukunft, um im Rahmen von 1,5 Grad Erwärmung zu bleiben." Zwar sei der Kohleausstieg in das Abschlusspapier mit aufgenommen worden – wann und wie der Ausstieg vollzogen werde, bleibe aber offen, "weshalb das Bekenntnis wohl erstmal ohne nennenswerte Taten bleibt", sagt Struck.
"Umweltverbände und Gewerkschaften, jung und alt, privilegiert und benachteiligt"
Hoffnung schöpfen beide daraus, wie lautstark die Zivilgesellschaft von sich reden gemacht habe. "Noch nie bei einer Klimakonferenz gab es eine so starke Bewegung, noch nie war die Energie der Bevölkerung so spürbar. Verschiedenste Gruppen sind zusammengekommen, um gemeinsam für Veränderung einzustehen – Umweltverbände und Gewerkschaften, jung und alt, privilegiert und benachteiligt“, sagt Struck. Kolb ergänzt: "Die Energie hat sich nicht im sterilen Konferenzgelände entfacht, sondern auf den verregneten Straßen beim gemeinsamen Protest. Was am Ende bleibt, ist die Hoffnung, dass diese Energie in jedem Land wächst, bis die so wichtige Veränderung umgesetzt wird.“