Lockdown-Ende: Warum wir behutsam vorgehen müssen

Alexander Jungkunz

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7.2.2021, 19:21 Uhr
Räumte Fehler ein: Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann.

© Arnulf Hettrich via www.imago-images.de, imago images/Arnulf Hettrich Räumte Fehler ein: Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann.

Nun reiht sich auch Winfried Kretschmann in die Reihe der Ministerpräsidenten ein, die Fehler im Umgang mit Corona zugeben. Zunächst waren es Thüringens Bodo Ramelow und Sachsens Michael Kretschmer, die beide im Sommer mehr Lockerungen wollten und angesichts bei ihnen explodierender Zahlen im Herbst einsehen mussten, dass sie falsch gelegen hatten.

Nun sagt Kretschmann, was längst offensichtlich ist: dass der Lockdown light im November zu wenig war, um zu wirken. Erst die verschärften Regelungen im Dezember brachten jene Erfolge, die nun an den Zahlen abzulesen sind.

Aus Fehlern lernen

Es ist gut, wenn Politiker Fehler einräumen. Es wäre noch besser, wenn sie aus diesen Fehlern dann auch lernen würden. Das kann bei den erwähnten Fällen nur bedeuten: Im Zweifel lieber noch nicht lockern; im Zweifel auch lieber eher zu scharfe als zu laxe Regeln.

Das beschreibt auch die Ausgangssituation vor der nächsten Runde von Ministerpräsidenten und Kanzlerin am Mittwoch. Sie beraten, ob und wie der Lockdown zurückgefahren oder ob er verlängert wird.

Regionaler Wettbewerb erwünscht

Es kann dabei eigentlich nur eine Art grober Fahrplan herauskommen. Dessen Feinjustierung sollte dann am besten regional erfolgen - so, wie es jene große Gruppe von Wissenschaftlern fordert, die ihr "No-Covid"-Konzept vorlegten. Demnach soll es eine Art Wettbewerb zwischen Kreisen und Städten geben - und wer die grüne Inzidenz-Zone erreicht hat, kann mit Öffnungen beginnen.

Deren Prioritäten liegen ebenfalls auf der Hand. Schulen und Kitas sollten am Anfang stehen - mit einleuchtenden Regelungen. Warum aktuell vor allem Abschlussklassen Präsenzunterricht haben und nicht die Erstklässler, die ihn viel dringender benötigen - das ist eines der Regelungs-Rätsel.

Kultur, Gastro, Läden: schrittweise Lockerungen möglich

Wo es die Zahlen erlauben, sollten Kultureinrichtungen öffnen dürfen. Museen haben viel Platz - zum Beispiel für Kinder. Kreative Lösungen sind gefragt und machbar. Viele Theater haben, ebenso wie viele Gastro-Betriebe, überzeugende Hygiene-Konzepte. Das gilt auch für Friseure und die meisten Läden. Da sind schrittweise Lockerungen und Öffnungen denkbar.

Virologen raten auch davon noch ab. Sie warnen: Wird jetzt zu rasch gelockert, schnellen die Zahlen wieder nach oben - auch wegen der Mutanten, die mehr Menschen anstecken können. Daher ist ein behutsames Vorgehen extrem wichtig. Wo es Zweifel gibt, sollten Restriktionen erst mal bleiben.

Lieber zu lang als zu kurz

Besser etwas länger als zu kurz - auch das ist eine Lehre aus rund einem Jahr im Umgang mit der Pandemie. Unser Nachbarland Österreich macht eher vor, wie es nicht sein sollte: mit noch mehr Lockdowns, die dann zu oft zu früh gelockert wurden. Nun startet dort wieder ein riskantes Öffnungs-Experiment - mit bangen Blicken auf Tirol, wo eine Mutante unterwegs ist. Das angrenzende Südtirol, das auf einen Lockdown verzichtet hatte, muss nun mit einer Inzidenz von über 750 die Notbremse ziehen und riegelt sich für drei Wochen fast komplett ab.

Fehler machen auch andere. Und alle können voneinander lernen. Mit einer immer offensichtlicheren Einsicht: Wohl dosierte, im Zweifel längere Vorsicht ist vernünftiger als die zu frühe Abkehr von ihr.

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