Markus Söder betreibt ein gefährliches Spiel
16.4.2021, 18:39 UhrZugegeben: Das Land hat derzeit größere Probleme als den ausgeprägten Machtwillen von Markus Söder Die Pandemiebekämpfung fordert alle Kräfte. Und doch sollte genau hingesehen werden, mit welchen Mitteln der CSU-Chef seinen Unions-Konkurrenten Armin Laschet aus dem Feld schlagen will. Denn es geht dabei auch um unsere demokratische Verfasstheit.
Söders Taktik beruht auf dem angeblichen Primat der Umfragen. Das Volk weiß eben besser als irgendwelche Parteigranden, wen es an seiner Spitze haben will. Tatsächlich vermitteln sowohl der ARD-Deutschlandtrend als auch das ZDF-Politikbarometer einen schier uneinholbaren Vorsprung Söders vor CDU-Chef Armin Laschet. Beide trennen in den demoskopischen Beliebtheitsskalen Welten. Natürlich wusste Söder bei Bekanntgabe seiner Kandidatur sehr genau, wann diese Werte veröffentlicht werden. Er musste nur lange genug auf Zeit spielen.
Kommentar der NZ: Wie weit wird Markus Söder die Sache treiben?
Der Nürnberger macht denn auch seit vergangenem Sonntag nichts anderes, als auf die Bedeutung solcher Zahlen zu verweisen.
Diese Taktik verfängt: Die ersten CDU-Ministerpräsidenten kippen bereits um. Immer wieder betonen Spitzenpolitiker der Union zudem, wie wichtig doch die Chancen seien, die einem Kanzlerkandidaten bei einer Wahl eingeräumt werden. Hinter dieser Denke steht bei manchem Unionsabgeordneten sicherlich auch die Angst um den Fortbestand des eigenen Mandats.
Abgesehen davon, dass Befragungen fünf Monate vor dem Wahltermin mit Vorsicht zu genießen sind, betreibt Söder ein gefährliches Spiel: Indem er Umfragen groß- und Entscheidungen des CDU-Präsidiums und des Parteivorstands kleinredet, stellt er die Funktionsweise unserer Parteiendemokratie in Frage.
"Modern" müsse eine solche Demokratie sein, betont der CSU-Chef neuerdings. Und spielt damit eben auf die Bedeutung der Basis bei der Auswahl von Spitzenpersonal an, Die K-Frage könne, so suggeriert Söder, an den Spitzengremien der CDU vorbei beantwortet werden. Dabei bewegt er sich auf dünnem Eis. Denn Parteigremien prüfen zurecht, ob ein Bewerber geeignet für ein politisches Spitzenamt ist.
Die Basis nominierte Trump
Was herauskommen kann, wenn es eine solche Kontrolle nicht gibt, das hat die Nominierung Donald Trumps durch die Basis der Republikaner in den USA deutlich gezeigt. Nun ist Söder gewiss nicht mit Trump zu vergleichen, doch sollte jeglichem Versuch, unser austariertes System infrage zu stellen, mit einer gesunden Portion Skepsis begegnet werden.
Umfragen sind nicht alles, es gilt eben auch die charakterliche Eignung eines Kandidaten unter die Lupe zu nehmen.
Söder oder Laschet? Entscheidung der K-Frage rückt näher
Und Parteien, das ist entscheidend, sind für die politische Kultur essentiell. Ihre wichtigsten Institutionen als Hinterzimmer zu verunglimpfen, kann unsere Demokratie gefährden.
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