Markus Söder: "Mach die Dinge richtig oder lass es bleiben"

5.1.2017, 06:00 Uhr
Extrem ehrgeizig: Markus Söder ist Finanz- und Heimatminister.

© dpa Extrem ehrgeizig: Markus Söder ist Finanz- und Heimatminister.

Markus Söder wird heute 50 Jahre alt. Mit NN-Redakteur Roland Englisch hat der bayerische Finanz- und Heimatminister über das Thema Ehrgeiz gesprochen.

Wie ehrgeizig darf ein Politiker sein?

Söder: Ein Politiker sollte zielstrebig sein. Nur so kann er letztlich seine Ziele und Aufgaben bewältigen. Wer seine Meinung nicht formulieren und Klartext reden kann, der wird nicht nur nicht wahrgenommen, sondern kann auch weniger umsetzen. Deshalb braucht es das einfach.

Man wirft Ihnen häufig vor, dass Sie zu ehrgeizig seien.

Söder: Mein Anspruch ist anders. Ich will konsequent und diszipliniert die Dinge umsetzen, die ich mir vorgenommen habe. Manche, die mir skeptisch gegenüberstehen, trauen sich selbst zu wenig zu. Andere tun es vielleicht, weil sie ein anderes Temperament haben. Es ist wie im Fußball: Ein Trainer, dem es reicht, dass seine Mannschaft nicht absteigt, wird selten Meister werden.

Warum tut sich die Öffentlichkeit so schwer mit der Zielstrebigkeit, wie Sie es nennen, dem Ehrgeiz, wie ich es nenne?

Söder: Das ist tatsächlich seltsam. Sonst ist sie überall akzeptiert: bei den Kindern in der Schule, beim Job, beim Lieblings-Sportverein. Wir in Nürnberg würden uns das jedenfalls wünschen, damit wir uns nicht immer von den Münchenern belächeln lassen müssen. In allen Bereichen des Lebens ist es ganz normal. So lange Ehrgeiz nicht überzogen ist, ist er ein gesunder, sportlicher Ansporn.

Und trotzdem kommt er bei Politikern nicht an.

Söder: Das hängt ehrlicherweise auch damit zusammen, welche Rolle die Medien spielen. Ich will wirklich keine Medienschelte betreiben, aber sie berichten vorwiegend über das Negative. Mich stört es, wenn Kollegen von der Opposition in der Haushaltsdebatte andere persönlich angreifen, weil sie damit in die Medien kommen wollen. Das zeichnet kein gutes Bild von der Politik. Ich habe versucht, mich davon zu lösen und mich nur auf die Sache zu konzentrieren.

Haben Sie sich verändert im Lauf der Jahre?

Söder: Ja, wenn man ganz jung ist, ist es anders. Es fehlt die Balance zwischen Leidenschaft und Erfahrung. Ich merke, wie sich das einpendelt. Ich weiß, wo sich Leidenschaft lohnt und wo die Erfahrung einen gelehrt hat, dass Zurückhaltung besser wäre. Fakt ist auch, je größer die Kinder werden, desto mehr vermitteln sie, dass es andere Themen gibt neben der Politik.

Sie sind gelassener geworden?

Söder: Gelassenheit braucht es so sehr wie Leidenschaft. Wer als Politiker abstumpft, der verliert sie. Und das wäre fatal. Politiker müssen sich begeistern – nicht an einem Amt, sondern an den Menschen und der Sache, für die sie sich einsetzen. Das ist harte Arbeit und verlangt Konsequenz – manche sagen sogar: Sturheit – um es umzusetzen.

Hat es Phasen gegeben, in denen Ihnen Ihr Ehrgeiz geschadet hat?

Söder: Als Generalsekretär zum Beispiel. Wobei das weniger Ehrgeiz, sondern eher Unsicherheit war. Ich hatte ein hohes Amt und dachte, ich müsse Erwartungen erfüllen, obwohl ich wusste, dass ich eigentlich noch nicht ganz so weit war. Deswegen finde ich es auch gut, wenn Politiker eine gewisse Reifezeit hinter sich haben. Als Generalsekretär bin ich oft über das Ziel hinausgeschossen. Aber ich glaube, dass daraus folgende Rückschläge mir ganz gutgetan haben.

Ihrem Ehrgeiz hat es nicht geschadet.

Söder: Ich sage es mal anders: Wenn ich etwas anpacke, dann will ich es richtig machen. Das hat mir mein Vater beigebracht. Seine Regel war: Mach die Dinge richtig oder lass es bleiben. So war das schon in der Schule.

Ich habe mir alles erarbeitet, weil ich nie Teil des Establishments war, auch in der Partei nicht. Ich hatte von Anfang an keinen einfachen Wahlkreis und die Medien waren auch nicht immer unbedingt auf meiner Seite. Aber ich habe versucht, deren Kritik anzunehmen. Im Lauf der Jahre habe ich auch mehr das Zuhören gelernt.

Also zügeln Sie Ihren Ehrgeiz?

Söder: Manchmal bin ich sogar im Stand-by-Modus. Im Ernst, der Begriff Ehrgeiz ist der falsche. Ich habe Ziele, die ich erreichen will. Dafür bin ich gewählt. Das verlangt vollen Einsatz. Leider gibt es manche Kollegen, die nur einmal in der Woche eine Pressemeldung verfassen, vorzugsweise gegen mich. Und dann beschweren sie sich, dass ich im ganzen Land unterwegs bin, drängen sich dann aber auf dem Foto neben mich.

Trotzdem haben Sie Ihre Karriere doch fest im Blick.

Söder: Erstens kommt das Amt zum Mann und nicht umgekehrt. In meinem Leben ging es immer wieder rauf und runter – aber doch immer irgendwie voran.

Würden Sie sich wünschen, dass die Öffentlichkeit mit dem Begriff Ehrgeiz anders umginge?

Söder: Ein Gerhard Schröder war enorm ehrgeizig, hat dadurch aber etwas erreicht. Edmund Stoiber, Angela Merkel oder Horst Seehofer ebenso. Ich glaube, dass Spitzenämter auf Dauer nur ausgefüllt werden können, wenn man vieles hinten anstellt. Das kann man Ehrgeiz, Entschlossenheit oder auch nur fränkische Sturheit nennen.

Wo wird Sie Ihr Ehrgeiz noch hinbringen?

Söder: Wohin einen die Stürme der Zeit tragen, ist ungewiss. Ich will eigentlich nur, dass Bayern stark bleibt und dass Franken nicht zu kurz kommt. Das ist mir wichtig.

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