Mehr Kompetenzen für den Bund: Merkel müsste handeln
29.03.2021, 18:13 UhrEs ist ein Stück absurdes Theater – das ein gutes Ende haben könnte: Nach einem langen, zermürbenden Jahr der Pandemie ist der Streit um die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern nun entbrannt. Wieder mal. Das könnte dann eine Chance sein, wenn dieses ewige Fingerhakeln endlich Konsequenzen hätte. Wenn nicht, dann wären die aktuellen Querelen ein weiterer Schub für Politik-Verdruss.
Staatsbürgerkunde der Kanzlerin
Denn neu ist ja leider überhaupt nichts an dem, was Angela Merkel bei Anne Will analysiert hat. Das war eine Art Staatsbürgerkunde nach Art der Kanzlerin – vorgetragen mit einer Mischung aus Resignation vor (eigen)mächtigen Landesfürsten und Trotz, es ihnen doch mal zu zeigen.
Am Tag danach erlebten wir, dass es doch noch einen Bundesinnenminister gibt; er heißt Horst Seehofer, gehört zur CSU und sprang – man höre und staune – sowohl der Kanzlerin als auch Markus Söder zur Seite. Dass ausgerechnet die bayerische Unionsschwester, lange Gralshüterin föderaler Rechte, zum stärksten Befürworter von mehr Kompetenzen für den Bund wird, das hätte sich Merkel noch vor kurzem nicht träumen lassen.
Gewöhnliches Klein-Klein
Doch ungewöhnliche Zeiten erfordern ungewöhnliche Reaktionen. Eigentlich. Wir erleben aber gewöhnliches Klein-Klein – und offensichtlich untaugliche Kompromisse der Runden aus Ministerpräsidenten und Kanzlerin. Wie oft wurde sehr viel über einen wirklich harten Lockdown schwadroniert – der manche Länder voranbrachte – , aber es passierte danach: nichts dergleichen. Wenn sich das ändern soll, worüber zu streiten wäre, dann kann und muss die Kanzlerin ihren Andeutungen – mehr lieferte sie nicht – Taten folgen lassen.
Sprich: Das Infektionsschutzgesetz müsste so geändert werden, dass die Kompetenzen für die Seuchenabwehr beim Bund liegen. Das ist machbar – allerdings kostet es Zeit und Kraft. Und es bräuchte auch die Einsicht einer Mehrheit der Länder, wirklich Kompetenzen abzugeben. Was nun an Reaktionen zu hören war, klang eher nicht danach, sondern nach einer Fortsetzung eines „Weiter so“, das uns nicht weiter bringt.
Ein Reformprojekt - für Markus Söder?
Eine Kanzlerin ohne erkennbaren Willen zur – anstrengenden – Machtprobe, zu viele Länderchefs (siehe Laschet), die ihr die Kritik an Alleingängen übelnehmen: Das ist keine gute Ausgangslage für eine in der Tat dringliche Neuordnung der Kompetenzen vor der Bundestagswahl. Für die Zeit danach aber wäre das ein absolut lohnendes Reformprojekt, mit dem zum Beispiel ein möglicher Kanzlerkandidat Söder im Wahlkampf werben könnte.
Dass erste Rufe aus der CDU ertönen, die Söder als Kandidaten fordern, das belegt die Krise der Partei. Sie hat mit Laschet einen Chef, der bisher viel zu sehr nur als Landespolitiker agiert und kaum als einer, der die Republik führen und gestalten will. Auch daher die Seitenhiebe Merkels, die Laschet getroffen haben.
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