Mutmaßliche Rechtsterroristen: Es gibt Verbindungen nach Nürnberg

Sabine Stoll/ Jonas Miller/ Elke Grasser-Reitzner

19.2.2020, 18:27 Uhr
"Wodans Erben Germanien" : Zu dieser Gruppierung hatte Frank H. Kontakt

© Robert Andreasch, NN "Wodans Erben Germanien" : Zu dieser Gruppierung hatte Frank H. Kontakt

Es ist fast auf den Tag genau ein Jahr her, da entzündeten knapp 20 Neonazis nahe der Nürnberger Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in der Beuthener Straße Fackeln. Sie liefen damit durch die Dunkelheit. Ihr Ziel: das ehemalige Reichsparteitagsgelände. Dort posierten die Schwarzgewandeten, die sich "Wodans Erben Germanien" nennen, mit ihren Fackeln auf der Steintribüne, wo einst Adolf Hitler seine verbrecherischen Hassreden hielt. Später wurde ein Mitschnitt dieses die NS-Zeit glorifizierenden Auftritts über einen YouTube-Kanal im Internet verbreitet, musikalisch unterlegt mit der ersten Strophe des Deutschlandlieds.

Heute ist bekannt, dass unter den Teilnehmern des über die Stadtgrenzen hinaus Empörung auslösenden Fackelzugs offenbar einer der Männer war, die am Freitag bei einem Schlag gegen eine rechtsextreme Terrorzelle festgenommen wurden: Frank H. aus München, der in den vergangenen Monaten bei rechtsextremen Bürgerwehren meist in der bayerischen Landeshauptstadt aktiv war. Der mutmaßliche Rechtsterrorist pflegte aber offensichtlich auch rege Kontakte zu Nürnberger Rechtsradikalen. So ließ sich H. bei einem Besuch von "Wodans Erben" in Nürnberg filmen. Frank H. führte die Neonazi-Truppe an, als diese durch den Nürnberger Hauptbahnhof marschierte.


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Der fürs Internet inszenierte Auftritt erinnert an Patrouillen selbst ernannter Bürgerwehren. Sein Nürnberg-Besuch führte Frank H. auch vor eine Flüchtlingsunterkunft im Nürnberger Stadtteil Ziegelstein, die Neonazis schon mehrfach für ihre Hetze gegen Migranten missbraucht haben. Vor der Asyl-Unterkunft lässt sich Frank H. von Bobby Grund, dem ehemaligen Geschäftsführer der im Nürnberger Stadtrat vertretenen Bürgerinitiative Ausländerstopp (BIA), interviewen. Frank H. gibt sich bürgerlich und lässt in bayerischem Dialekt wissen, dass die Resonanz auf rechte Bürgerwehren doch "überwiegend gut" sei. Besagtes Video von Juli 2019 ist ebenfalls auf YouTube zu sehen, als Verantwortliche geben sich Bobby Grund und Frank Auterhoff, der für die NPD aktiv war, zu erkennen.

"Er war der besonnenste und ruhigste"

Beide traten zuletzt auch mit sogenannten Schutzzonen-Streifen in Erscheinung, einer Art Bürgerwehr. Auf Anfrage des gemeinsamen Rechercheteams von Nürnberger Nachrichten und Bayerischem Rundfunk, sagt Bobby Grund, dass er Frank H. nicht wirklich kenne und völlig überrascht sei, dass dieser festgenommen worden sei. "Herr H. war eigentlich immer der besonnenste und ruhigste von den Herrschaften." Grund räumt aber drei Treffen mit dem nun in U-Haft sitzenden Mann ein: So will er Frank H. vor dem Fackelzug zur Zeppelintribüne begegnet sein. Am Fackelmarsch selbst hat Grund eigenen Angaben zufolge nicht teilgenommen. Grund traf Frank H. auch beim Besuch von "Wodans Erben Germanien" in Nürnberg und bei einem Gegenbesuch von Nürnberger Rechtsradikalen in München "vor ein paar Monaten".

Offenbar wollten die Nürnberger von den Münchnern lernen: "Wir sind noch einmal nach München gefahren, um uns die Nachbarschaftshilfe der Wodans anzuschauen. Da haben wir uns in einem Wirtshaus getroffen", sagt Grund. Wie berichtet, haben Ermittler eine mutmaßliche rechte Terrorzelle hochgehen lassen, die sogenannte "Gruppe S.". Vier der Festgenommenen gelten als Mitglieder der Gruppe, acht als Unterstützer. Bei dem mutmaßlichen Anführer der Gruppe soll es sich um den 53-jährigen Werner S. aus Augsburg handeln. Die Gruppe plante nach Angaben der Bundesanwaltschaft Anschläge auf Politiker, Asylsuchende und Muslime. Ihr Ziel sei es gewesen, die Staats- und Gesellschaftsordnung der Bundesrepublik "zu erschüttern und letztlich zu überwinden".