Trotz sechsstelligem Jahresgehalt

Nebeneinkünfte in Millionenhöhe: So viel verdienen Frankens Politiker in Berlin zusätzlich

Erik Thieme

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19.10.2024, 13:22 Uhr
Sebastian Brehm hat gut lachen: Der Unionspolitiker und Steuerberater aus Nürnberg hat Nebeneinkünfte in Millionenhöhe angegeben.

© IMAGO / Bihlmayerfotografie / Schöning Sebastian Brehm hat gut lachen: Der Unionspolitiker und Steuerberater aus Nürnberg hat Nebeneinkünfte in Millionenhöhe angegeben.

Die Zahl der Abgeordneten im Bundestag ist so hoch wie nie, 736 Politiker finden in dieser Legislaturperiode Platz im Parlament. Dementsprechend hoch sind mittlerweile auch die Personalkosten. Seit dem 1. Juli 2024 bekommen alle 736 Abgeordneten monatlich 11.227,20 Euro.

Dass dieser Betrag so hoch ausfällt, ist ein wichtiger demokratischer Bestandteil. So sollen die Parlamentarier den vollen Fokus auf ihre politische Arbeit legen können, ohne wirtschaftlichen Zwängen zu unterliegen.

Solange der Job als Abgeordneter "im Mittelpunkt der Tätigkeit" bleibt, dürfen die Delegierten aber auch Nebentätigkeiten annehmen und ausüben. Das ist mittlerweile fast eine Selbstverständlichkeit, 88 Prozent der Mitglieder des deutschen Bundestages haben eine solche Nebentätigkeit angegeben. Mehr als die Hälfte dieser Abgeordneten lässt sich ihre Nebentätigkeiten auch bezahlen. Zu diesem Ergebnis kam der "Spiegel" bei der Untersuchung der aktuellen Legislaturperiode (bis zum 30. September 2024) in Zusammenarbeit mit der Transparenzinitiative "Abgeordnetenwatch".

Denn die Einnahmen aus Nebentätigkeiten müssen die Delegierten vor dem Bundestagspräsidium offenlegen. Verdient ein Abgeordneter durch eine solche Tätigkeit mehr als 1000 Euro im Monat oder über 3000 Euro im Jahr, werden die genauen Summen auf der Website des Bundestages veröffentlicht.

Union und FDP an der Spitze der Nebenverdiener - gewaltige Unterschiede bei der Höhe der Einkünfte

Von dieser Regelung machen vor allem Politiker der Union und der FDP Gebrauch. Mit 63 Prozent verzeichnen fast zwei von drei Unionspolitikern eine bezahlte Nebentätigkeit. Die FDP kommt hier ebenfalls auf 59 Prozent und ist damit zusammen mit CDU bzw. CSU die einzige Partei, die über dem Durchschnitt von 46 Prozent liegt. Bei der SPD haben 43 Prozent der Parlamentarier eine bezahlte Nebentätigkeit, Schlusslicht ist die AfD mit nur 22 Prozent.

Doch in der Höhe unterscheiden sich die Nebeneinnahmen drastisch. Elisabeth Kaiser (SPD) aus Gera erhielt seit Beginn der Legislaturperiode mit 1060 Euro den niedrigsten Betrag aller Parlamentarier mit Nebenerwerb. Einsame Spitze ist der niedersächsische CDU-Politiker Albert Stegemann. Der Landwirt meldete bislang 7,9 Millionen Euro an Nebeneinkünften an und belegt damit den ersten Platz der Liste. Doch gleichzeitig offenbart er damit eines der größten Probleme der veröffentlichten Nebeneinkünfte: Ihre fehlende Vergleichbarkeit. Denn während einige Politiker ihr persönliches Einkommen angeben, gab Stegmann die Umsätze seines Betriebs an .

Der erwirtschaftete laut "Spiegel" hauptsächlich durch den Verkauf von Kuhmilch einen Umsatz von etwa 7,9 Millionen Euro. Doch Umsatz ist natürlich nicht gleich Gewinn. In begründeten Fällen dürfen Selbstständige, Freiberufler und Einzelunternehmer statt ihres Gewinns den Umsatz angeben. Wie viel Gewinn Stegemann tatsächlich gemacht hat, ist damit nicht nachvollziehbar.

Hohe Nebeneinkünfte auch in Franken und der Region

Das kritisiert auch Sebastian Brehm aus Nürnberg. Der CSU-Politiker, der für den Wahlkreis Nürnberg-Nord ins Parlament eingezogen ist, hat Nebeneinkünfte in Höhe von 7,1 Millionen Euro angegeben. Damit hat der Geschäftsführer mehrerer Steuerberatungsgesellschaften die zweithöchsten Nebeneinkünfte aller Abgeordneten. Doch auch er meldete lediglich den Umsatz seiner Unternehmen an - Steuern, Personal- und Sachkosten sind hier noch nicht abgezogen. Seine tatsächlichen Einnahmen wollte er unter Verweis auf das Steuergeheimnis nicht offenlegen.

Das macht einen realistischen Vergleich der Nebeneinkünfte nahezu unmöglich. Denn die meisten Bundestagsabgeordneten meldeten deutlich niedrigere Nebeneinnahmen, nur 56 der 736 Politiker überschritten die 100.000-Euro-Marke. Einige dieser Delegierten kommen auch aus der Region.

Hans-Peter Friedrich etwa, der schon als Landwirtschaftsminister, Innenminister und Bundestagsvizepräsident tätig war, erhielt bislang zusätzlich zu seiner Abgeordnetendiät etwa 207.000 Euro durch Nebentätigkeiten. Diese Summe setzt sich unter anderem aus monatlichen Zahlungen einer Stiftung, in der Friedrich Beiratsmitglied ist, und jährlichen Auszahlungen für den Aufsichtsratsposten bei einer Versicherung zusammen. Seit 2021 hat der Franke übrigens noch nicht eine einzige Rede im Plenum gehalten. Er zog für Hof ins Parlament ein.

Aber auch Kristine Lütke, Landesschatzmeisterin der FDP in Bayern und Geschäftsführerin zweier Unternehmen aus der Pflege, verbuchte ordentliche Zusatzeinnahmen. Die gebürtige Nürnbergerin, die für Roth in den Bundestag einzog, kommt auf über 150.000 zusätzliche zu ihrer Diät. Sie ist die einzige Abgeordnete aus Bayern, die die 100.000 Euro-Marke geknackt hat und kein Mitglied der Union ist.

Die weiteren CSU-Politiker Alexander Engelhard (3.582.103 Euro), Bernhard Los (600.654 Euro), Peter Ramsauer (442.025 Euro), Ulrich Lange (118.395 Euro) und Florian Hahn (102.180 Euro) überschritten die 100.000 Euro-Marke teils deutlich.