Zeitplan steht
Noch im Frühling: Lauterbach nennt konkreten Zeitpunkt für allgemeinen Impfpflicht-Start
19.1.2022, 09:52 UhrBundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hält es für wichtig, dass eine mögliche Corona-Impfpflicht nach einer entsprechenden Entscheidung des Bundestags schnell in Kraft tritt.
Die Impfpflicht müsse schnell kommen, sagte der SPD-Politiker am Dienstagabend in der Sendung RTL Direkt. "Wenn wir einen Antrag machen wollen, der noch funktioniert, dann ist das ein Antrag, der die Impfpflicht in Kraft setzt - was weiß ich - im April oder um den April herum, vielleicht im Mai."
Für Omikron komme die Impfpflicht dann allerdings zu spät. Die Sieben-Tage-Inzidenz der Corona-Neuinfektionen war zuletzt deutlich gestiegen und hatte den höchsten Stand seit Pandemie-Beginn erreicht. Lauterbach äußerte bei RTL die Erwartung, dass die Fallzahlen weiter steigen werden - und dass der Höhepunkt der Omikron-Welle in Deutschland wahrscheinlich Mitte Februar erreicht sein dürfte.
"Bis dahin kommt keine Impfpflicht. Dafür war die Impfpflicht nie gedacht", sagt Lauterbach. Die allgemeine Impfpflicht solle stattdessen dafür sorgen, dass Deutschland im Herbst 2022 endlich so gut dasteht, dass nicht mehr über Schulschließungen oder Lockdowns gesprochen werden muss, so t-online. Aber "das muss schnell geschehen".
Zur Begründung führte er an, dass noch genug Zeit bleiben müsse, um Ungeimpfte vor einer möglichen neuen Corona-Welle im Herbst zu immunisieren.
Lauterbach rechnet mit neuer Virus-Variante im Herbst
Wer noch nicht geimpft sei, müsse "drei Impfzyklen durchlaufen (...) und bis dahin ist man dann schon im September oder Oktober", sagte Lauterbach.
Kritik, dass die Impfpflicht dann quasi prophylaktisch für eine lediglich diffuse Bedrohungslage umgesetzt würde, wies Lauterbach zurück. "Die Wahrscheinlichkeit dass wir im Herbst keine neue Variante haben, ist ja sehr gering. Und dann stünden wir wirklich mit leeren Händen da, wenn wir dann erneut diese große Zahl der Ungeimpften haben, die wir schützten müssten, um eine Überlastung des Gesundheitssystems zum Beispiel zu verhindern", vermeldet t-online.
Lauterbach und Kanzler Olaf Scholz (SPD) befürworten eine allgemeine Impfpflicht. Es soll aber keinen Regierungsvorschlag der rot-grün-gelben Koalition geben. Stattdessen sollen Abgeordneten-Gruppen Anträge zu dem Thema ins Parlament einbringen. "Es ist eine ethische Frage. Es ist ein massiver Eingriff in die Grundrechte des Einzelnen. Das muss gut begründet sein und daher eine klassische Frage für den Deutschen Bundestag", sagte Lauterbach. Die Union hatte dieses Vorgehen kritisiert.
Entscheidung fällt voraussichtlich im März
Der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: "Ich bin der Auffassung, der Deutsche Bundestag sollte nach gründlicher Beratung im März über die allgemeine Impfpflicht gegen das Coronavirus abstimmen." Wenn man diesen Zeitrahmen einhalten wolle, "wäre es sinnvoll, die Gruppenanträge im Februar erstmals zu beraten". Lauterbach sagte mit Blick auf die anstehenden Beratungen im Parlament: "Ich würde sagen, dass wir Ende Februar/Anfang März da schon wichtige Debatten sehen werden."
Auch die SPD-Fraktion hatte bereits das Ziel genannt, die Entscheidung im März abzuschließen. Kommende Woche Mittwoch soll es eine erste Orientierungsdebatte im Bundestag geben. SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese sagte dem RND, er erwarte weitere konkrete Gruppenanträge im Nachgang.
Das Ampel-Bündnis strebt eine Abstimmung ohne die sonst übliche Fraktionsdisziplin an und begründet dies damit, dass es sich um eine ethische Frage handle. Auch innerhalb der Koalition gibt es unterschiedliche Auffassungen zu dem Thema - so äußerten manche FDP-Politiker Sympathie für eine Impfpflicht nur für Ältere, andere FDP-Abgeordnete um Parteivize Wolfgang Kubicki lehnen eine Impfpflicht dagegen komplett ab.
Durchseuchung ist nicht die Lösung
Keine Lösung ist nach Ansicht des Epidemiologen eine Durchseuchung der Bevölkerung, berichtet t-online. Zwar rechnet Lauterbach damit, dass sich vermutlich irgendwann jeder Bürger infizieren wird. "Aber das bedeutet nicht, dass man jetzt die Infektion leichtsinnigerweise zulassen sollte", warnte er.
Viele Menschen hätten noch keinen Immunschutz aufgebaut. Insbesondere Ältere und Menschen mit Risikofaktoren würden mit Omikron wahrscheinlich sehr schwer erkranken. "Irgendwann haben wir genug Impfschutz in uns aufgebaut – durch Vorerkrankungen mit Sars-CoV oder mit Impfungen – dass wir keine Angst mehr haben müssen, vor weiteren Erkrankungen, zumindest die meisten von uns nicht. Aber an dem Punkt sind wir noch nicht."
Geboosterte könnten aber vergleichsweise entspannt auf die nächste Corona-Saison blicken. "Wenn man dreimal geimpft ist, dann ist man nicht nur gegen Omikron sehr gut geschützt. Dann ist man wahrscheinlich auch gegen eine Variante, die im Herbst käme, ganz gut geschützt", prognostizierte Lauterbach.
Vorrang bei PCR-Test für Gesundheitsbereich
Um in der Omikron-Welle eine Überlastung der Labor-Kapazitäten bei den besonders sicheren PCR-Tests zu verhindern, warb der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Stefan Schwartze (SPD), für eine Priorisierung. "Dabei sollten die PCR-Tests aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den ambulanten und stationären Pflege- und Gesundheitseinrichtungen mit direktem Patientenkontakt sowie der Beschäftigten der kritischen Infrastruktur Priorität haben", sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
Gesundheitsminister Lauterbach gibt zu: "Wir müssen einräumen: Viele werden auf den Antigentest zurückgreifen müssen." Dies sei aber ein zuverlässiger Test, vor allem für Menschen, die sich nach einem Risikokontakt aus der Quarantäne freitesten möchten.
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