Vor allem im Immobiliengeschäft
Nürnberger Anwalt über Pandora Papers: "Deutschland ist Hochburg für Geldwäsche"
6.10.2021, 05:55 UhrNicht erst seit der Veröffentlichung der Panama Papers beteuert die Politik weltweit, Steueroasen bekämpfen zu wollen. Doch es hat sich nicht viel getan. Stattdessen bringen nun neue Daten-Leaks heimliche Offshore-Geschäfte ans Tageslicht, in deren Zentrum mehr als 330 Politiker und Amtsträger stehen - unter ihnen einige amtierende und ehemalige Staats- und Regierungschefs. Doch warum ist es so schwierig, gegen solche Verschleierungen vorzugehen? Norbert Gieseler, Nürnberger Fachanwalt für Steuerrecht, gibt Antworten:
Herr Gieseler, nach der Veröffentlichung der Panama Papers konnte man bei den vielen Versprechen aus der Politik fast denken, die Zeit der Steueroasen sei jetzt vorbei. Ein Irrglaube?
Norbert Gieseler: Es gibt Staaten, die machen das als Geschäftsmodell, darunter sind übrigens auch EU-Staaten wie beispielsweise Irland oder Holland. Bei dem jetzigen Leak steht aber vorrangig nicht die Steuerhinterziehung im Fokus, sondern vielmehr das Geschäft mit Briefkastenfirmen. Und die kann man in ganz vielen Staaten eröffnen; Hochburgen sind Luxemburg oder auch Utah in den USA.
Solche Briefkastenfirmen sind per se nicht illegal. Dennoch haben sie natürlich einen Beigeschmack, weil man sich unweigerlich fragt, warum jemand über diesen Weg versucht, als Person nicht in Erscheinung zu treten.
Aber man könnte durch eine Briefkastenfirma im Ausland natürlich schon versuchen, die Steuern im eigenen Land zu umgehen...
Gieseler: Natürlich, das ist auch der eine Grund, warum Briefkastenfirmen in bestimmten Ländern gegründet werden. Der andere ist, dass man zwar seine Steuern ordentlich zahlt, aber nicht möchte, dass andere erfahren, wie reich man ist. Ein Beispiel: Ein Staatsoberhaupt eines Landes möchte nicht, dass alle wissen, wie viele Millionen er besitzt. Also lässt er eine Briefkastenfirma gründen, über die er dann beispielsweise Immobilien in London erwirbt. Diese gehören dann ihm, sein Name taucht aber nirgends öffentlich auf.
Damit das nicht auch in Deutschland passiert, hat die alte Bundesregierung das Transparenzgesetz verschärft. Läuft hier jetzt alles besser?
Gieseler: Deutschland steht in Sachen Geldwäsche ganz oben, vor allem bei den Immobiliengeschäften, aber ja, man versucht dem derzeit entgegenzuwirken. Denn seit der Verschärfung sind Anwälte wie ich dazu verpflichtet, etwa bei Grundstückskäufen oder ähnlichen die wirtschaftlich dahinter stehenden Personen zu identifizieren. Konkret läuft das so ab, dass ich den Mandanten ein Formular gebe, das sie dann ausfüllen müssen, soweit ich die Informationen nicht durch öffentliche Register erhalten kann.
Woher wissen Sie denn, ob die Angaben dann auch wirklich stimmen?
Gieseler: Eben das ist der Knackpunkt: Gerade wenn der Investor oder die Firma, die investiert, im Ausland sitzt, ist es kaum möglich zu verifizieren, ob die Angaben stimmen. Im Endeffekt bleibt also die ganze Verantwortung weiter bei den Handelnden und man vertraut ihnen, dass sie die Wahrheit sagen.
Es sind immer wieder Journalisten, die solche Offshore-Geschäfte enthüllen und nicht etwa die Behörden. Warum ist das so?
Gieseler: Die Frage ist ja, warum werden die Datensätze der Leaks immer wieder Journalisten zugespielt und nicht etwa den Behörden? Die Antwort liegt auf der Hand: Zum einen haben viele Behörden gar nicht die Schlagkraft, so viele Dokumente auszuwerten. Zum anderen fehlt ihnen schlicht auch das Interesse daran. Nehmen wir an, man hätte die Daten der Pandora Papers an die deutschen Behörden geschickt. Warum sollten die die Daten auswerten, wenn es dabei nicht mal um Geschäfte in Deutschland geht?
Die einzige Chance, alles öffentlich zu machen, ist also, es Journalisten zuzuspielen, denn die haben ein Interesse daran, das System, das hier dahintersteckt, publik zu machen. Vor allem, wenn es um bekannte Namen geht.
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