Offenbar wieder Asylbewerber nach Afghanistan abgeschoben
24.10.2017, 21:55 UhrTrotz der jüngsten Anschlagsserie in Afghanistan sind offenbar erneut abgelehnte Asylbewerber in das Krisenland abgeschoben worden. Ein Sammelcharterflug startete nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur am Dienstagabend vom Flughafen Leipzig/Halle aus in Richtung Kabul. An Bord der tschechischen Maschine befand sich eine zunächst noch unbekannte Zahl von Afghanen aus verschiedenen Bundesländern. Den Tag über hatten Abschiebungsgegner am Flughafen gegen die Zwangsmaßnahme protestiert.
Das Bundesinnenministerium in Berlin bestätigte den Flug zunächst nicht. Regelmäßig geben die Bundesbehörden erst Details zu solchen Abschiebungen bekannt, wenn die Maschine am Zielort gelandet ist.
Schon am Morgen hatten sich am Flughafen nach Angaben der Organisatoren rund 150 Menschen versammelt und ein Ende der Abschiebungen nach Afghanistan gefordert. "Wir wissen nicht, wer in der Maschine sitzt, aber auch Strafgefangene dürfen nicht Gefahren ausgesetzt werden", sagte die sächsische Linken-Politikerin Juliane Nagel. Erst am Wochenende habe es in Kabul wieder Anschläge mit zahlreichen zivilen Opfern gegeben.
Claudia Roth versuchte Abschiebung zu stoppen
Vergeblich hatte auch die Grünen-Politikerin und Vizepräsidentin des Bundestags, Claudia Roth, an Bundesinnenminister Thomas de Mazière (CDU) appelliert, die Abschiebungen zu stoppen. Sie erinnerte an 250 tote Zivilisten und Sicherheitskräfte, die allein in der vergangenen Woche in Afghanistan Anschlägen und Angriffen von Islamisten zum Opfer gefallen waren. "Das Bundesverkehrsministerium warnt aus Sicherheitsbedenken sogar davor, den Flughafen von Kabul überhaupt anzufliegen", sagte Roth. "Unter diesen Umständen stehen Abschiebungen nach Afghanistan in deutlichem Widerspruch zu unserer humanitären Schutzverantwortung."
Pro Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt nannte die Abschiebungen am Tag der Konstituierung des Bundestages "eine verantwortungslose Verneigung vor Rechtspopulisten".
Die Innenminister der Länder hatten sich im Juni darauf verständigt, dass Gefährder, Straftäter und Ausreisepflichtige, die eine Mitwirkung bei der Feststellung der eigenen Identität verweigern, in bestimmte Regionen Afghanistans abgeschoben werden können. "Für mich ist diese Einigung nicht nur vernünftig, sondern auch noch immer bindend", sagte der sächsische Ressortchef und Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Markus Ulbig (CDU), der dpa. Zudem habe das Auswärtige Amt im Juli erneut bestätigt, "dass unter Berücksichtigung der Umstände jedes Einzelfalls eine Abschiebung in bestimmte Regionen verantwortbar und möglich" sei.
Demo in Fürth gegen Abschiebungen
"Wer nach einem abgeschlossenen Asylverfahren und Inanspruchnahme aller rechtsstaatlichen Mittel bei uns kein Bleiberecht hat, muss unser Land verlassen", betonte Ulbig. Die konsequente Rückführung sei notwendig, um das Asylsystem funktionsfähig zu halten. Zugleich sei sie Voraussetzung "für die Akzeptanz unserer Asylpolitik bei den Bürgerinnen und Bürgern".
Zuletzt waren Mitte September acht abgelehnte Asylbewerber aus Bayern, Nordrhein-Westfalen und Hamburg nach Kabul abgeschoben worden. Grund für die Pause der seit Dezember 2016 ansonsten monatlichen Abschiebungen war ein massiver Anschlag mit rund 150 Toten nahe der deutschen Botschaft in Kabul im Mai.
In Fürth haben am Dienstag 50 Menschen in der Fußgängerzone ein sofortiges Ende der Abschiebungen gefordert.
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