Österreich: Verfassungsgericht kassiert Kopftuchverbot an Grundschulen
11.12.2020, 18:36 UhrEs greife eine bestimmte Religion, den Islam, ohne nähere Begründung heraus, was dem Gebot der religiösen und weltanschaulichen Neutralität des Staates widerspreche. Das Kopftuchverbot galt seit Herbst 2019, nachdem das äußerst umstrittene Gesetz im Frühsommer von der rechtskonservativen ÖVP-FPÖ-Regierung beschlossen worden war.
Zwar beziehe sich das Verbot - "das Tragen weltanschaulich oder religiös geprägter Bekleidung, mit der eine Verhüllung des Hauptes verbunden ist" - nicht ausdrücklich auf das Tragen eines islamischen Kopftuches. In den Materialien zum Gesetz komme jedoch die Absicht des Gesetzgebers zum Ausdruck, dass konkret das Tragen eines islamischen Kopftuches untersagt werden solle, erklärte der Präsident des Verfassungsgerichtshofs, Christoph Grabenwarter, am Freitag. "Es birgt das Risiko, muslimischen Mädchen den Zugang zur Bildung zu erschweren beziehungsweise sie gesellschaftlich auszugrenzen."
Debatte dreht sich lediglich um Kopftuch
Geklagt hatten zwei Kinder und deren Eltern, die darin einen Eingriff in Religionsfreiheit und religiöse Kindererziehung sahen. Außerdem fanden sie, der Gleichheitsgrundsatz werde verletzt, weil die jüdische Kippa oder die Patka der Sikhs im Gegensatz zum muslimischen Hidschab nicht verboten seien. In der Debatte geht es dabei lediglich um das Kopftuch - muslimische Verschleierungen etwa mit Burka oder Nikab fallen bereits seit 2017 unter ein Gesichtsverhüllungsverbot.
Österreich beschließt Kopftuchverbot an Grundschulen
Die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) begrüßte das Urteil. Damit solle nicht das verfrühte Tragen eines Kopftuchs bei Kindern oder elterlicher Zwang dazu verteidigt werden, betonte IGGÖ-Präsident Ümit Vural. "Weder heißen wir eine abwertende Haltung gegenüber Frauen gut, die sich aus persönlicher Überzeugung gegen das Kopftuch entscheiden, noch können wir der Einschränkung der Religionsfreiheit jener Musliminnen zustimmen, die das Kopftuch als integralen Bestandteil ihrer gelebten Glaubenspraxis verstehen."
8 Kommentare
Um selbst einen Kommentar abgeben zu können, müssen Sie sich einloggen oder sich vorher registrieren.
0/1000 Zeichen