Fernsehen
Plötzlich geht es im Trump-Talk bei Lanz um die AfD: "Das zeigt doch die ganze Verlogenheit"
11.04.2025, 07:36 Uhr
Die SPD und die Union stehen kurz vor einer Einigung, der "weiße Rauch" sei schon aufgestiegen, berichtet Journalistin Kerstin Münstermann am Dienstagabend bei "Markus Lanz" (ZDF). Der Moderator wiederum spekuliert, wer wohl welches Amt erhält, kurz steht die Frage im Raum, ob Merz seine Migrationswende bekommt, ein kurzer Schwenk zum Thema Mütterrente und ein paar Zahlen dazu, wie die Deutschen jeden Tag über eine Milliarde in die Krankenkasse geben. Doch all das rückt in den Schatten, als Lanz das Thema Trump und Zölle anspricht. Ein Thema, das gerade die ganze Welt beschäftigt.
"Weiß man mittlerweile, wie viel Vermögen vernichtet worden ist?", fragt Lanz seine Gäste. Ökonom Michael Hüther kennt zwar keine Zahlen, ist aber der Meinung: "Der Einbruch weltweit ist noch nicht zu Ende. Die USA besitzt nicht nur den roten Knopf für die Atombombe, sondern auch den roten Knopf für die weltwirtschaftspolitische Atombombe". Das sei etwas, das die Märkte eben nicht nur drei Tage beunruhigt.
Manfred Weber: "Die ganze Diskussion wird komplett faktenfrei geführt"
Dabei sei der amerikanische Präsident selbst derjenige gewesen, der Dutzende Male vor dem Szenario gewarnt hatte. Videoclips werden eingeblendet, Trump, wie er eine Rede während der Wahlkampfzeit hält: "Wenn Harris gewinnt, wird das Ergebnis ein Kamala-Wirtschaftscrash sein, wie die Depression von 1929", ruft er. "Warum macht er das jetzt? Gibt es ein anderes Motiv?", fragt Lanz in die Runde: "Die USA sitzen auf 26 Billionen Auslandsverbindlichkeiten, die leben die ganze Zeit auf Pump, sind sie vielleicht pleite?" Nein, erwidert Hüther, die USA sei eine potente Ökonomie, der "einzige Hegemon" - China noch im Schatten - der die Wirtschaft ordnen könne.
Ob man auf die Dimension in Brüssel vorbereitet war, fragt Lanz. Sein Blick wandert zum EVP-Vorsitzenden und CSU-Vize Manfred Weber. Er weicht aus: "Die ganze Diskussion wird komplett faktenfrei geführt. Trump hat die Zölle im Wahlkampf versprochen und nun leiden die amerikanischen Rentner, deren Anlage nächsten Monat 20 Prozent weniger wert ist." Die Frage bleibt ungeklärt: Was will Trump eigentlich?
Zölle auf null, TTIP zurück
Eine Frage, die in der Sendung zumindest ansatzweise versucht wird zu klären, handelt davon, was Europa nun tun soll. "Mein Traum wäre es, die Zölle auf null zu setzen, TTIP wiederzubeleben, ein Handelsvertrag zwischen Europa und Amerika", sagt Weber. SPD-Politiker Ralf Stegner möchte die transatlantische Partnerschaft nicht so schnell abschreiben, auch, wenn Trump für ihn eine Mischung aus "Größenwahn" und "intellektuellen Defiziten" sei. Er kritisiert Trumps Vorgehen: "Wenn er das nicht mit der Abrissbirne macht, sondern mit einer Sprengladung, dann wird es brandgefährlich, weil es Nebeneffekte gibt, die andere treffen", so Stegner. Damit meint er Europa.
Weber spricht das Thema Sanktionen an: "Wir wollen politisch zeigen, dass das ein schlechtes Geschäft für Trump ist." Jeans, Harley-Davidson, Alkohol - die Liste für mögliche Gegenzölle ist lang. Doch: Weber findet es nicht richtig, gleich in die Vollen zu gehen. "Wir müssen handeln, aber wollen nicht in die Spirale der Eskalation einsteigen", sagt er. Zölle, mahnt er, brächten "gigantische Bürokratien", und hätten vor allem eins zur Folge: "Nur Verlierer." Eher müsse man die USA bei den Dienstleistungen treffen, wie eine digitale Steuer für Konzerne.
Und plötzlich schweigt die AfD
"Ich hoffe, dass wirklich jeder kapiert, wie wertvoll jetzt Europa ist. Wenn wir da nicht geeint reagieren würden, wären wir Spielball von diesen Mächten", setzt Weber nach. Deutschland würde dann überhaupt keine Rolle mehr spielen in diesem "globalen Wahnsinn". Dann stellt er sich noch eine ganz andere Frage: Wo ist gerade die AfD? "Alice Weidel war froh, dass sie ein Foto mit JD Vance auf der MSC bekommen hat, aber wer hat jetzt unsere deutschen Arbeitsplätze gegenüber Amerika verteidigt? Das zeigt doch die ganze Verlogenheit", findet Weber. Auch Münstermann wirft ein, dass der AfD-Abgeordnete Tino Chrupalla Trumps Politik begrüße - und dass einige jetzt ihre Hoffnung sogar in die italienische Präsidentin Georgia Meloni setzen. Sie reist kommende Woche nach Washington - ein Versuch unter "Gleichgesinnten", einen Kompromiss zu finden, so Münstermann.
Weber hat vor allem vor einer Sache Angst: Dass die USA sich "in der Substanz verändert" hat. Das hätte schon zu Obama- und Biden-Zeiten begonnen. "Jetzt ist der zentrale Punkt, mit einem neuen Europa zu beginnen, eine historische Wende", sagt Weber. Was es vor allem brauche: neue Partner, neue Handelsverträge. "Mein Bild von Europa glaubt weiter an einen regelbasierte, fairen Handel."
Gegen Ende stellt Lanz die Frage, die wohl alle Zuschauer beschäftigt: Wer sind wir? Wer wollen wir nicht sein? Bedeutet Europa das Europa von Victor Orbán oder Emmanuel Macron? Wie handlungsfähig ist Europa? "Das wird in Brüssel entschieden", antwortet Weber knapp. Verteidigung sei das nächste große Thema unseres Kontinents.
Münstermann ist der Meinung: Europa muss vor allem seine "Glaubwürdigkeit" zurückgewinnen. Stegner antwortet hingegen: "Das ist jetzt die Aufgabe unserer neuen Regierung, zu zeigen, dass die demokratischen Parteien in der Lage sind, das Leben der Menschen vernünftig zu regeln." Dass wir eben nicht "Heil bei Populisten suchen", sondern zeigen, dass "regelbasierte Ordnung und Wohlstand" für Frieden sorgen. Plötzlich geht es durcheinander, die Stimmen der Gäste überschlagen sich. "Man versteht jetzt gar nichts mehr", sagt Lanz - und beendet kurz danach die Sendung.



