Politikverbot, Wahlsiege, Putschversuch: Erdogans Meilensteine
28 Bilder 19.10.2019, 10:29 UhrRecep Tayyip Erdogan - die prägende Gestalt der Türkei
Recep Tayyip Erdogan ist einer der meisten polarisierenden Staatschefs der Gegenwart. Sein erstes bedeutendes politisches Amt ist das des Bürgermeisters von Istanbul. Er ist ein Zögling des islamistischen Politikers Necmettin Erbakan, mit dem er sich später jedoch überworfen hat. Dann aber eröffnet die Aufdeckung des ISKI-Skandals 1994 - es geht dabei um Korruption und Amtsmissbrauch bei den Istanbuler Wasserwerken - Erdogan eine große Chance. Gegen den Willen Erbakans tritt er 1994 bei der Bürgermeisterwahl an - und der zuvor als aussichtslos geltende Nachwuchspolitiker gewinnt. Es ist der Beginn eines steilen Aufstiegs. Zur EU pflegt er damals eine sehr kritische Haltung. Er beschreibt sie abfällig als "Vereinigung der Christen", in der die "Türken nichts zu suchen" hätten. © dpa
Dämpfer für den Aufsteiger: Erdogan muss ins Gefängnis
Anfang 1998 wird die islamistische Wohlfahrtspartei vom türkischen Verfassungsgericht verboten. Ihr wird vorgeworfen, in der Türkei die Scharia einführen zu wollen - ein klarer Widerspruch zu der laizistischen Staatsverfassung. Im April darauf wird auch Erdogan wegen Missbrauchs der Grundrechte und -freiheiten zu zehn Monaten Gefängnis und lebenslangem Politikverbot verurteilt. Anlass ist eine bei einer Konferenz in Ostanatolien gehaltenen Rede, in der er aus einem religiösen Gedicht zitiert hatte: "Die Demokratie ist nur der Zug, auf den wir aufsteigen, bis wir am Ziel sind. Die Moscheen sind unsere Kasernen, die Minarette unsere Bajonette, die Kuppeln unsere Helme und die Gläubigen unsere Soldaten." Knapp ein Jahr später muss Erdogan die Strafe antreten, wird aber schon nach vier Monaten wieder entlassen. © dpa
Triumphaler Wahlsieg 2002, aber Erdogan muss warten
Erdogan verbindet über viele Jahre ein enges Verhältnis zu seinem politischen Weggefährten Abdullah Gül (rechts). 2002 erringt Erdogan mit seiner AKP bei der Parlamentswahl einen furiosen Wahlsieg. Allerdings gilt weiterhin das gegen ihn verhängte Politikverbot. Ministerpräsident kann aber nur jemand werden, der einen Sitz im Parlament hat. Deswegen übernimmt Erdogans Stellvertreter im Parteivorsitz, Abdullah Gül, das Amt. Erst als das Politikverbot im Zuge einer Verfassungsänderung aufgehoben wird, kann Erdogan als Abgeordneter ins Parlament einziehen. Im März 2003 wird er dann endlich zum Ministerpräsidenten gewählt - er ist am Ziel. Den loyalen Gül ernennt er zu seinem Außenminister. Es beginnt eine Zeit der Reformen. Die Meinungsfreiheit wird erweitert, die Todesstrafe abgeschafft, der Konflikt mit den Kurden scheint sich zu entspannen, und auch wirtschaftlich geht es aufwärts. Das Land scheint sich Richtung EU zu bewegen. © AFP
Der Triumph: Absolute Mehrheit bei den Parlamentswahlen 2007
Erdogans pro-europäische Reformpolitik, die gleichzeitig zu einem starken Wirtschaftsaufschwung führt, wird belohnt. Bei den Parlamentswahlen 2007 landet seine AKP mit 46,6 Prozent der Stimmen einen grandiosen Erfolg, der der Partei die absolute Mehrheit im Parlament einbringt. Zunächst wird die Reformpolitik fortgesetzt, doch gleichzeitig bemüht sich Erdogan, die islamischen Werte in der Gesellschaft wieder stärker zu verankern. © dpa
Erdogans Frau bricht das Kopftuch-Tabu
Für großes Aufsehen sorgt auch Erdogans Frau Emine, mit der er seit Juli 1978 verheiratet ist und mit der er zwei Söhne und zwei Töchter hat (letztere haben in den USA studiert). Im Oktober 2010 tritt sie bei den Feiern zum Tag der Republik erstmals bei einem offiziellen Termin mit einem Kopftuch an der Seite ihres Mannes auf, was für die Türkei ein Tabubruch ist und entsprechend viel Aufmerksamkeit erregt. © AFP
Parlamentswahlen 2011:Grandioser Sieg und doch eine Enttäuschung
Es geht weiter bergauf mit Erdogans AKP. Bei den Parlamentswahlen 2011 kommt die Partei auf erstaunliche 49,8 Prozent, verfehlt damit allerdings die erhoffte Zweidrittelmehrheit im Parlament. Diese hatte Erdogan unbedingt erreichen wollen, um die Verfassung ändern zu können. © dpa
Bürgerproteste 2013: Der Zorn über Erdogan wächst
Der Protest gegen die zunehmenden islamistischen Tendenzen unter der Regierung Erdogan nimmt im Laufe der Zeit zu. Auch der autokratische Stil des Regierungschefs reizt vor allem junge Türken und Intellektuelle zum Widerspruch. Im Mai 2013 eskaliert der Konflikt. Auslöser sind die Proteste gegen ein geplantes Bauprojekt auf dem Gelände des Gezi-Parks in Istanbul. Auf dem benachbarten Taksim-Platz gehen die Sicherheitskräfte mit roher Gewalt gegen Demonstranten vor. Der Protest greift dennoch rasch auch auf andere Städte über. © AFP
Massiver Korruptionsskandal in Erdogans Umfeld
Im Dezember 2013 wird die türkische Regierung wird von einem riesigen Korruptionsskandal erschüttert. Sie betreffen auch der engste Umfeld Erdogans. 24 Menschen werden festgenommen, darunter der Chef der Halkbank, Süleyman Arslan. Zudem müssen Wirtschaftsminister Zafer Caglayan, Innenminister Muammer Güler sowie Umweltminister Erdogan Bayraktar zurücktreten. Die Söhne von Caglayan und Güler kommen in Haft. Beobachter vermuten, dass dies ein Schlag des einstiegen Erdogan-Verbündeten Fethullah Gülen sein könnte, der seit langem im Exil in den USA lebt, sich inzwischen aber mit Erdogan überworfen hat. Er hat eine starke Machtbasis im Justizapparat - eine massive Gefahr für Erdogan. © Evrim Aydin/Anadolu Agency
Der nächste Schlag: Verräterische Telefonmitschnitte
Der nächste Schlag der Justiz erreicht Erdogan direkt. Im Februar 2014 wird ein YouTube-Video öffentlicht. In fünf Telefonmitschnitten sind angeblich die Stimmen von Regierungschef Erdogan und seines Sohnes Bilal zu hören. Sie besprechen demnach, wie sie mehrere Millionen Euro und Dollar vor der Staatsanwaltschaft verstecken können. Am Abend, so ist zu hören, hat Bilal noch umgerechnet 30 Millionen Euro im Haus. "Bring alles weg, was du im Haus hast!", fordert der Ältere. Erdogan weist alle Vorwürfe als Fälschung und "dreckiges Komplott" zurück. © OZAN KOSE
Umstrittene Auftritte in Deutschland
Umstritten sind immer wieder Erdogans Auftritte vor Anhängern in Deutschland, wie hier am 24. Mai 2014 in Köln. Hier betont er zwar, dass die Türkeistämmigen in Deutschland stets für die Integration gewesen seien. Bei Religion, Sprache und Tradition könnten sie jedoch keine Zugeständnisse machen. "Wenn man von der Assimilation spricht, dann sagen wir nein", betont Erdogan. © dpa
Erdogan wird Präsident und lässt einen Prunkpalast bauen
Unverhohlen betreibt Erdogan eine Politik, die die Bedeutung der Türkei in der gesamten islamischen Welt in einstiger Pracht wiederherstellen soll. Er selbst lässt sich am 28. August 2014 als neuer Präsident vereidigen. Schon als Ministerpräsident hatte er versucht, die Verfassung so zu ändern, dass der Präsident eine ungeheure Machtfülle erhält - wie früher der Sultan, wie seine Kritiker spotten. Um dem Machtanspruch sichtbar Ausdruck zu verleihen, lässt Erdogan ausgerechnet in einem Naturschutzgebiet in Ankara den riesenhaften Präsidentschaftspalast "Ak Saray" bauen, ein Gebäude mit mehr als 1000 Zimmern und viermal so groß wie das Weiße Haus in Washington. © dpa
Erdogans und das Wiederaufleben der Osmanischen Zeit
Immer deutlicher werden Erdogans Anspielungen an das einstige Osmanische Reich. In seinem neuen Prunkpalast lässt der türkische Präsident auf einer Treppe kostümierte Repräsentanten historischer Turkstaaten postieren, durch deren Spalier er nach unten schreitet. Dort empfängt er gerne seine Staatsgäste. © AFP
Erdogan schaltet die Medien gleich
Schon Jahre vor dem Putschversuch im Juli 2016 hatte Erdogan damit begonnen, die türkische Medien auf Linie zu bringen. Ein Beispiel dafür ist eine der größten und auflagenstärksten türkischen Tageszeitungen, die "Sabah". Die Mediengruppe Merkez, zu der das Blatt gehörte, wurde 2007 von der staatlichen Treuhandanstalt beschlagnahmt. Wenige Monate später ging die „Sabah“ an die regierungsnahe Calik Holding. CEO von Calik war damals Erdogans Schwiegersohn Berat Albayrak. Mit der Übernahme der Mediengruppe Dogan Medya an die Holding des Erdogan-treuen Unternehmers Demirören kontrolliert Erdogan nun mehr als 99 Prozent der türkischen Medien direkt oder indirekt. In der Rangliste der Pressefreiheit rutscht die Türkei auf Rang 157 von 180 Ländern ab. © Michael Kappeler
Muslime waren vor Kolumbus in Amerika?
Im November 2014 löst Erdogen mit seiner Behauptung, muslimische Seefahrer hätten Amerika um 1178 entdeckt, weltweit eine Welle von Spott aus. „314 Jahre vor Kolumbus erreichten muslimische Seefahrer im Jahr 1178 den amerikanischen Kontinent“, erklärt er auf einem Gipfel mit Muslimen aus Lateinamerika in Istanbul. Als Beweis führt Erdogan an, dass Christoph Kolumbus in seinem Reisetagebuch von einer Moschee an der Küste des heutigen Kubas berichtet habe. Nicht nur die Netzgemeinde regiert mit großer Verblüffung. © Heinz Bogler
Erdogans Frauenpolitik: Drei Kinder als Minimum
Erdogan ist weiter besorgt um die gesellschaftlichen Werte in der Türkei. So schränkt die politische Führung zunehmend den Ausschank von Alkohol ein. Im Dezember 2014 sorgt Erdogan mit einer Aussage zur Rolle der Frau erneut für Aufssehen. Er wittert einen jahrelangen Landesverrat: Durch Empfängnisverhütung werde die "Blutlinie" seines Landes geschwächt. Seine Empfehlung an junge Paare: mindestens drei Kinder zu bekommen - zum Erhalt der Abstammungslinien. © dpa
HDP zerstört Erdogans Traum einer Zweidrittelmehrheit
Vor den Parlamentswahlen Anfang Juni 2015 wirbt Erdogan offen um Stimmen für seine AKP, obwohl er als Präsident laut Verfassung absolut neutral bleiben müsste. Doch auch diesmal reicht es nicht für die erhoffte Zweidrittelmehrheit, die für einen kompletten Umbau der Verfassung und für mehr Machtfülle des Präsidenten nötig wäre. Die AKP kommt nur noch auf 40,9 Prozent. Grund dafür ist das erstaunlich gute Wahlergebis der pro-kurdischen Demokratischen Partei der Völker (HDP), die mit 13,1 Prozent die hohe Zehn-Prozent-Hürde deutlich überspringt. Einen Monat später, Ende Juli 2015, erklärt ein zorniger Präsident Erdogan den Friedensprozess mit den Kurden für beendet. Eine Zeit neuer Kämpfe mit vielen Toten beginnt. © dpa
Erneute Enttäuschung bei der Parlamentswahl im Juni 2015
Da sich nach der Parlamentswahl von Ende Juli 2015 keine Partner für eine Zweidrittelmehrheit im Parlament finden, lässt Erdogan für Anfang November Neuwahlen ansetzen. Die AKP kommt nach einer Angstkampagne diesmal auf 49,5 Prozent, doch die pro-kurdische HDP schafft es mit 10,8 Prozent erneut über die Zehnprozenthürde - und steht Erdogans Ambitionen weiter im Weg. Es gibt erneut keine verfassungsändernde Zweidrittelmehrheit. © dpa
Böhmermanns Schmähkritik und Erdogans Zorn
Die Böhmermann-Affäre: Am 17. März 2016 sendet das NDR-Satiremagazin "extra 3" ein Lied mit dem Titel "Erdowie, Erdowo, Erdogan", welches Erdogan kritisiert und verspottet. In seiner Sendung Neo Magazin Royale eineinhalb Monate später greift Jan Böhmermann den Streit auf und veröffentlicht eine ätzende Schmähkritik auf Erdogan. Der türkische Präsident ist außer sich vor Wut. Er fordert die Bundesregierung auf, das Schmähgedicht verbieten zu lassen, was diese aber nicht kann. Überhaupt ist das türkische Staatsoberhaupt schnell beleidigt. In der Verfassung des Landes ist die Beleidigung des Präsidenten mit bis zu vier Jahren Haft bedroht. Allein bis Anfang März 2016 reicht Erdogans 1845 Anzeigen ein, zwei davon sogar gegen Kinder im Alter von 12 und 13 Jahren. © dpa
Putschversuch im Juli 2016 scheitert: "Ein Geschenk Allahs"
In der Nacht vom 15. auf den 16. Juli 2016 erschüttert ein stümperhaft vorbereiteter Putschversuch von Teilen des türkischen Militärs das Land. Dabei sollen 173 Zivilisten, 62 Polizisten und fünf Soldaten getötet worden sein. Der Militärcoup scheitert aber kläglich. Schon am folgenden Tag nennt Erdogan den Putschversuch ein "Geschenk Allahs". Eine Welle von Verhaftungen vermeintlicher politischer Gegner beginnt, darunter auch viele Journalisten. Abertausende Staatsbedienstete, Lehrer, Richter und Polizisten werden entlassen. © AFP
Erdogan regiert nur noch im Ausnahmezustand
Überall im Land versammelt Erdogan Anhänger um sich. Die Kundgebungen sind oft ein einziges Meer roter Flaggen. Klar ist: Wer nicht für Erdogan ist, ist gegen ihn. Der Präsident verhängt für drei Monate den Ausnahmezustand, währenddem das Land von allen Widersachern "gesäubert" werden soll. Der Ausnahmezustand wird noch viele Male verlängert werden. © dpa
Erdoğan bitterer Kampf gegen den Ex-Verbündeten Gülen
Erdogan macht seinen einstigen Verbündeten Fetullah Gülen, einen im US-Exil lebenden Prediger, und seine weitverzweigte und mächtige Organisation FETÖ ("Fethullahistische Terror-Organisation") als Drahtzieher des Putsches aus. Alle Gülen-Anhänger sollen aus allen öffentlichen Bereichen entfernt werden. Von den USA verlangt Ankara die Auslieferung Gülens - bisher vergeblich. © Reuters/Osman Orsal
Kontroverse um Politikerauftritte in Deutschland
Da er über die Parlamentswahlen keine verfassungsändernde Mehrheit bekommen konnte, setzt Erdogan für den 16. April 2017 ein Verfassungsreferendum an. Zu einer bitteren Kontroverse kommt es deswegen erneut mit Deutschland. Mehrere Kommunen untersagen Auftritte türkischer Spitzenpolitiker. Erdogan wirft Deutschland deswegen "Nazi-Praktiken" vor. Das Bild stammt von einer Wahlkampfveranstaltung Ende Juli 2016 in Köln, bei dem das Bundesverfassungsgericht auch eine Video-Übertragung einer Erdogan-Redeuntersagt hatte. © Henning Kaiser
Endlich am Ziel: Neue Verfassung macht Erdogan noch mächtiger
Erdogan ist endlich am Ziel: Bei dem Verfassungsreferendum am 16. April 2017 stimmt eine knappe Mehrheit von 51,4 Prozent für die Einführung des umstrittenen Präsidialsystems, das dem Amtsinhaber eine nie gekannte Machtfülle beschert. Er kann nun fast nach Belieben die höchsten Richter, Minister oder Gouverneure ein- oder absetzen oder das Parlament auflösen. Die Opposition ist empört und beklagt Wahlfälschungen: Es seien Stimmzettel und Umschläge ohne amtlichen Stempel berücksichtigt worden. Es soll es sich um bis zu drei Millionen zusätzliche Stimmen handeln. Doch die Kritik verpufft. Der Hohe Wahlausschuss bestätigt den Sieg Erdogans. In Deutschland fiel die Zustimmung noch höher aus. 59,1 Prozent derer, die sich an der Abstimmung beteiligen, stimmen mit "Evet" (Ja). © OZAN KOSE
Gnadenloser Angriff auf die nordsyrische Stadt Afrin
Am 20. Januar 2018 beginnt die türkische Armee zusammen mit Kämpfern der Freien Syrischen Armee (FSA) einen erbarmungslosen Angriff auf die kurdische Stadt Afrin im Norden Syriens. Bei dem völkerrechtswidrigen Angriff werden auch deutsche Leopard-2-Panzer eingesetzt. Offiziell richtet sich der Militäreinsatz gegen den sogenannten Islamischen Staat (IS). Doch bekämpft wurden tatsächlich die Milizionäre der YPG, des syrischen Ablegers der Ableger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK. Diese war und ist aber einer der wichtigsten Partner der Nato-Führungsmacht USA im Kampf gegen die IS-Barbaren. Ziel des Angriffs auf Afrin ist erkennbar die Vertreibung der Kurden aus dieser Region. Erdogan will in dem Nachbarstaat kein durchgehendes autonomes Kurdengebiet dulden, in dem kulturelle und religiöse Vielfalt gelebt wird - in der ganzen Region Rojava konnten Sunniten, Aleviten, Jesiden, Christen gedeihlich miteinander leben. Statt der vertriebenen Kurden werden nun arabische Flüchtlinge und auch IS-Kämpfer mit ihren Familien angesiedelt. © -
Der nächste Aufreger: Özil und Gündogan posieren mit Erdogan
Kurz vor der Nominierung des deutschen Kaders für die anstehende Fußball-WM in Russland sorgen die deutschen Fußball-Nationalspieler Mesut Özil und Ilkay Gündogan mit umstrittener Wahlkampfhilfe für den türkischen Präsidenten für Aufsehen. Am Rande einer Benefizveranstaltung in London lassen sich die Profis gemeinsam mit Erdogan ablichten und überreichen ihm Trikots ihrer Clubs Manchester City und FC Arsenal. Die Affäre kocht hoch. Die DFB-Spitze versagt kläglich bei dem Versuch, die Sache in Griff zu bekommen. Bei Vorbereitungsspielen werden Özil und Gündogan von den Fans ausgepfiffen. Am Ende geht auch die WM für das deutsche Team kläglich schief. Nur in der Türkei erfahren die beiden Spieler viel Zuspruch. In Devrek, dem Heimatbezirk von Özils Familie am Schwarzen Meer, wird eine Straße nach dem Spieler benannt. © Muharrem Terzi
Erdogans Unterstützung beginnt zu bröckeln
Erdogans Regierung gerät zunehmend unter Druck. Das Wirtschaftswachstum geht zurück, die Währung schwächelt und die Kritik wird lauter. Selbst Erdogans früherer politischer Weggefährte Abdullah Gül geht deutlich auf Distanz. Der Präsident sieht seine Macht bedroht und setzt für den 24. Juni 2018 überraschend vorgezogene Parlaments- und Präsidentschaftswahlen an. Regulärer Termin wäre November 2019 gewesen. Es wird ein enges Rennen erwartet. 15 Jahre nach Erdogans Machtantritt ist ein Regierungswechsel in der Türkei nicht mehr ausgeschlossen. Am Ende kann Erdogan nach dem amtlichen Ergenis mit 52,54 Prozent der Stimmen eine Stichwahl vermeiden. Doch die AKP, die in einem Bündnis mit der rechtsextremen MHP antritt, fällt auf nur noch 42,6 Prozent zurück (2015: 49,5 Prozent). © Oliver Weiken
Mitten in der Krise: Erdogan baut Schwiegersohn als Nachfolger auf
Schon am Tag nach seiner Wiederwahl stellt Erdogan sein neues Kabinett vor. Einer der wichtigsten Posten bekommt sein Schwiegersohn Berat Albayrak als Finanzminister, der zuvor schon zwei Jahre lang Energieminister war. Der 40-Jährige wird damit offenbar als Nachfolger aufgebaut. Erdogan hat zwar selbst zwei Söhne,doch die kommen als Nachfolger nicht infrage. Burak, 38, meidet die Öffentlichkeit, seit er im Jahr 1998 (sein Vater war damals Bürgermeister von Istanbul) eine Frau totgefahren hatte und von der Staatsanwaltschaft angeklagt wurde. Erdogans zweiter Sohn, Bilal, hat selbst bei AKP-Anhängern keinen guten Ruf, seit Anfang 2014 die kompromittierenden Mitschnitte seiner Telefongespräche mit seinem Vater bekannt wurden. Doch der Start von Schwiegersohn Berat ist überschattet von einer schweren Finanzkrise. Die türkische Lira stürzt ins Bodenlose, nachdem US-Präsident Donald Trump schon vorher verhängte Strafzölle gegen die Türkei noch massiv erhöht hatte. © Burhan Ozbilici
Türkische Truppen marschieren in Syrien ein
Weil Recep Tayyip Erdogan die Kurden weiter als Bedrohung sieht, lässt er seine Truppen in deren Gebiete in Syrien einmarschieren. Zuvor hat ihm US-Präsident Donald Trump in einem Telefonat dafür grünes Licht gegeben und US-Truppen aus der Konfliktregion abgezogen. Erdogan will angeblich eine Sicherheitszone schaffen, in der er drei Millionen Syrer ansiedeln will, die vor dem Bürgerkrieg in die Türkei geflohen sind. Doch die Kurden, von den USA im Stich gelassen, verbünden sich mit den Truppen von Syriens Machthaber Assad. Die Kämpfe lenken von den wirtschaftlichen Schwierigkeiten im Land ab, die Erdogan immer noch nicht in den Griff bekommen hat. © Cavit Ozgul/AP/dpa