Ampel-Bruch
Schlammschlacht nach historischer Schelte: So reagieren die Beteiligten auf die Rede des Kanzlers
6.11.2024, 22:42 UhrBundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat Finanzminister Christian Lindner schwere Vorwürfe gemacht. Dem FDP-Politiker gehe es um die eigene Klientel und um das kurzfristige Überleben der eigenen Partei, sagte Scholz in Berlin. Die Unternehmen im Land bräuchten Unterstützung, sagte er mit Blick auf die schwache Konjunktur und hohe Energiepreise. Er verwies zudem auf die internationale Lage mit den Kriegen in Nahost und der Ukraine. "Wer sich in einer solchen Lage, einer Lösung, einem Kompromissangebot verweigert, der handelt verantwortungslos. Als Bundeskanzler kann ich das nicht dulden."
Scholz warf Lindner vor, in der gemeinsamen Regierungszeit Kompromisse durch öffentlich inszenierten Streit übertönt und Gesetze sachfremd blockiert zu haben. "Zu oft hat er kleinkariert parteipolitisch taktiert. Zu oft hat er mein Vertrauen gebrochen." Es gebe keine Vertrauensbasis für die weitere Zusammenarbeit. "So ist ernsthafte Regierungsarbeit nicht möglich", so die harten Worte des Kanzlers. Selten wurde ein amtierender Minister so abgewatscht. Kanzler Scholz will Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) anbieten, rasch gemeinsam nach Lösungen zur Stärkung der Wirtschaft und der Verteidigung zu suchen. "Ich werde nun sehr schnell auch das Gespräch mit dem Oppositionsführer, mit Friedrich Merz suchen", sagte der SPD-Politiker in Berlin. Er will auch die Vertrauensfrage stellen. Der Bundestag solle darüber am 15. Januar abstimmen, sagte Scholz.
Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) hat in einem Statement am Abend vom Bruch der Ampel-Koalition gesprochen und vergleicht die Situation in Deutschland und USA. "Wir haben gesehen, was in den USA passiert, wenn Hass und Hetze, wenn Populismus und Spaltung den Wahlkampf und die politische Debatte vergiften. Deutschland kann es anders machen, und Deutschland wird es besser machen", so Habeck. Der Vizekanzler fügte hinzu: "Dennoch will ich für uns sagen, dass sich das heute Abend falsch und nicht richtig anfühlt." Er schoss ebenfalls gegen Lindner. Die Entlassung des Finanzministers sei letztlich so folgerichtig wie unnötig gewesen.
Der FDP-Chef schießt unterdessen zurück. Finanzminister Christian Lindner hat dem Bundeskanzler vorgeworfen, den Bruch der Ampel-Koalition gezielt herbeigeführt zu haben. "Sein genau vorbereitetes Statement vom heutigen Abend belegt, dass es Olaf Scholz längst nicht mehr um eine für alle tragfähige Einigung ging, sondern um einen kalkulierten Bruch dieser Koalition", sagte der FDP-Vorsitzende in Berlin. Damit führe Scholz Deutschland in eine Phase der Unsicherheit. Lachender Zuschauer in der Opposition dürfe die AfD gewesen sein. Sie hat den Bruch der Ampel-Koalition als überfällig und als eine "Befreiung" für Deutschland begrüßt.