Schluss mit lustig! Kommentar zu Richard Gutjahr
19.1.2018, 06:14 UhrEs war einmal ein junger Mann, der die digitale Welt erobern wollte. Dank seiner großen Offenheit fand er sich als Journalist im Netz sehr gut zurecht. Heute ist er desillusioniert — weil Tausende von Trollen ihm und seiner Familie nachstellen. So könnte die Geschichte von Richard Gutjahr in wenigen Zeilen zusammengefasst werden.
Warum es lohnt, diese Geschichte ausführlicher zu betrachten, hat weniger mit der Prominenz Gutjahrs als mit der dahinterstehenden Problematik zu tun: Im Internet mangelt es an Grenzen.
Wer Opfer einer Hetze und in den Strudel der Verschwörungstheoretiker hineingezogen wird, hat kaum Möglichkeiten, sich wirksam dagegen zu wehren. Allein auf YouTube, der weltweit größten Videoplattform, ist Gutjahr in über 800 Beiträgen auf das Übelste mitgespielt worden.
Ein Millionenpublikum hat sich daran ergötzt, dass ein Mensch diffamiert wurde. Lediglich ein Teil der Videos ist mittlerweile verboten. Doch was heißt verboten? Natürlich sind die Inhalte in den Tiefen des Netzes gespeichert, natürlich hallt die Hetze aus den Echokammern der sozialen Netzwerke nach.
Es ist tragisch, aber wahr: Lügengeschichten können in atemberaubendem Tempo viral gehen, der Kampf dagegen wird in Justitias Schneckentempo geführt. Ein ungleicher Kampf, bei dem immer dieselben verlieren: die Opfer von Hass und Hetze. Es ist höchste Zeit, über die Regulierung im Internet ernsthaft nachzudenken. Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz ist allenfalls ein symbolträchtiger Anfang. Eine Lösung kann nur mit einer supranationalen Einigung, der sich die großen Plattformen nicht entziehen können, erzielt werden.
Ein Interview mit Richard Gutjahr über den Hass im Netz, die Angst um seine Familie und die Untätigkeit der Gerichte lesen Sie hier.
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