Siemens: Keine Rückkehr zur Tagesordnung

10.07.2008, 00:00 Uhr
Siemens: Keine Rückkehr zur Tagesordnung

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Eine Frage, auf die der Betriebsratsvorsitzende des Siemens-Werkes Moorenbrunn in Nürnberg seinen Kollegen auf der Informationsversammlung keine Antwort geben kann. 200 Arbeitsplätze sollen allein hier wegfallen. Leiteritz kennt die Antwort ebenso wenig wie die anderen Arbeitnehmervertreter an den von den Abbauplänen betroffenen Standorten in der Region. Auch sie berichten von vollen Auftragsbüchern und heiß laufenden Maschinen. «Uns fehlen 100 Mitarbeiter, und dann sollen wir 60 Stellen abbauen, das kann doch nicht funktionieren«, wundert sich auch Edwin Majoor, Arbeitnehmervertreter von Siemens in der Nürnberger Humboldtstraße.

Viele kritische Nachfragen gab es auch bei einer Betriebsversammlung mit etlichen hundert Mitarbeitern aus allen Bereichen von Siemens Healthcare in Erlangen. Sie erwarteten detailliertere Auskünfte zum geplanten Stellenabbau - doch die konnte das Geschäftsleitungsmitglied Bernd Montag (er ist der Leiter der Abteilung Bildgebende Verfahren und IT-Lösungen) nicht geben.

Auf Teufel komm raus

Der IG-Metall-Bevollmächtigte für den Standort Erlangen, Wolfgang Niclas, sah seine Befürchtungen bestätigt, wonach «von oben Zahlen durchgedrückt werden, die die einzelnen Standorte auf Teufel komm raus umsetzen müssen«. Die Nachfragen in der Betriebsversammlung hätten erkennen lassen, dass an den Zahlen noch gezweifelt werden dürfe. «Wenn Mitarbeiter sagen, dass selbst gewinnbringende Geschäfte durch Stellenabbau gefährdet sind, dann kann man nicht zur Tagesordnung übergehen.«

In das gleiche Horn stieß Niclas’ Kollege Jürgen Wechsler in Nürnberg. «Mit dem geplanten Stellenabbau läuft der Konzern Gefahr, dass gesunde Strukturen zerstört werden und Auftragsabwicklung und Innovationen unter dem Prozess leiden«, erklärte der IG-Metaller. Ohnehin hat Wechsler das Gefühl, dass die Kosteneinsparungen weniger der Wirtschaftlichkeit dienen sollen als vielmehr zur Reduzierung der Belastungen aus der Korruptionsaffäre.

Healthcare-Unternehmenssprecher Frank Sarfeld nannte die Bekanntgabe konkreter Zahlen im Wirtschaftsausschuss am Dienstag sowie die Betriebsversammlung am Mittwoch «einen Startschuss für Verhandlungen mit den Gewerkschaften«. Konkret bedeute dies, dass erst am Ende dieser Verhandlungen der tatsächliche Personalabbau und die jeweiligen Standorte feststehen würden.

Wohnungen zum Verkauf

Kasse machen will Siemens offenbar bei seinen Immobilien. So steht nach Informationen unserer Zeitung die Siemens Wohnungsgesellschaft (SWG), die in Erlangen etwa 2500, bundesweit 4000 Wohnungen besitzt, zum Verkauf.

Dem Vernehmen nach ist es noch völlig offen, ob die SWG im Ganzen verkauft wird oder ob die Wohnungen einzeln oder in größeren Paketen veräußert werden. Die SWG-Geschäftsführung wollte allerdings zunächst keine Stellungnahme zum Vorgang abgeben.

«Sollten sich die Gerüchte bestätigen, wäre das sehr bedauerlich. Die SWG ist und war stets ein guter Partner, der Maßstäbe in Erlangen gesetzt hat«, sagte Erlangens Wirtschaftsreferent Konrad Beugel.