Söder: Erfolgreicher Krisenmanager und aussichtsreicher Kanzlerkandidat

Michael Husarek

Chefredakteur Nürnberger Nachrichten

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6.11.2020, 06:05 Uhr
Markus Söder steht selten im politischen Schatten. Meistens macht er aus seinen Zielen kein Hehl. Bei der Frage, ob er als Kanzlerkandidat der Union zur Verfügung steht, bleibt er kryptisch.

© imago images/Bayerische Staatskanzlei Markus Söder steht selten im politischen Schatten. Meistens macht er aus seinen Zielen kein Hehl. Bei der Frage, ob er als Kanzlerkandidat der Union zur Verfügung steht, bleibt er kryptisch.

Weil der CSU-Chef einfach nicht aufhören will, ein politisches Ausrufezeichen nach dem anderen zu setzen, und sich neuerdings sogar zum aussichtsreichsten Kanzlerkandidaten der Union profiliert hat, schlägt die Stunde der Söder-Biografen.

Werke über den bayrischen Ministerpräsidenten verkaufen sich gut, so gut, dass die beiden Redakteure der "Süddeutschen Zeitung", Roman Deininger und Uwe Ritzer, nach nur zwei Jahren eine Neuauflage ihres Söder-Buchs vorlegen. Schon der Titel "Der Schattenkanzler" verrät Söders Karriere-Verlauf. "Politik und Provokation" lautete der wenig schmeichelhafte Titel des ersten Werkes.


Söder will bayerischen Wirten und Schaustellern helfen


Damals, 2018, galt Söder noch als der Wankelmütige. Einer, der mal die schamlose Annäherung an die AfD sucht, ehe er auf gnadenlose Abgrenzung zu den Rechtspopulisten setzt. Einer, dessen charakterliche Eignung sogar angezweifelt wurde. Horst Seehofer war der prominenteste Vertreter dieser Bewegung. Heute würde es wohl kein Spitzenpolitiker mehr öffentlich wagen, Söder "Schmutzeleien" zu unterstellen. Denn der Landesvater Söder genießt gerade den Nimbus des erfolgreichen Krisenmanagers.

Trotz aller Kritik an misslungenen Testreihen führt er entschlossener durch die Pandemiezeiten als die meisten seiner Kollegen. Das Umfrageplus ist der Lohn. Ohne je kandidiert zu haben, werden dem Franken beste Chancen für die Kanzlerkandidatur eingeräumt – bessere als allen Bewerbern CDU.

Früher dran als andere

Biograf Ritzer, der aus Weißenburg stammt und seit Jahrzehnten den Nürnberger beobachtet, führt das auf die Pandemie zurück: "Corona begreift Markus Söder als Chance, sich auf der politischen Langstrecke zu beweisen. Er profiliert sich als kontinuierlicher Macher und gibt sich staatsmännisch." Im Grunde zieht sich das Muster allen Söder‘schen Erfolgs auch durch das trübe Corona-Jahr 2020: Er hat sich schneller und intensiver als andere mit dem Covid-19-Virus beschäftigt, er hat die Tragweite früh erfasst. Offen bleibt wie immer, welches Motiv Söder genau antreibt.

Corona hin, Corona her – Zeit für die perfekte Selbstinszenierung findet der gelernte Journalist (nach dem Jura-Studium absolvierte Söder ein Volontariat beim "Bayerischen Rundfunk") immer. Unvergessen bleiben die Bilder des 14. Juli 2020, als Kanzlerin Angela Merkel mit Söder auf Herrenchiemsee zusammentraf. An diesem strahlenden Sommertag blieb nichts dem Zufall überlassen.

Die Biografen Deininger und Ritzer arbeiten dieses Ereignis – nicht wenige munkelten damals, dass Merkel ihrem Nachfolger die Ehre erwiesen hat – in einen wunderbaren Prolog ein. Unter dem Titel "Der Märchenkönig" nähern sie sich der Persönlichkeit Söders an – gut lesbar und fundiert recherchiert. Nur auf eines weiß das Autoren-Duo genau so wenig eine Antwort wie der Rest der Republik: Will Söder wirklich Kanzler werden? In seiner Karriereplanung war dies nicht vorgesehen, heißt es zurecht in dem Werk: "Bundeskanzler, das war nicht Markus Söders Ziel. Aber das ist jetzt seine Versuchung. Über 2021 hinaus."

Ob er es wirklich wagen würde, steht weiterhin in den Sternen. Söder kann mit dieser Phase der Unentschlossenheit erstaunlich gut umgehen. Vielleicht, weil er sich – unbescheiden wie er nun einmal ist – mit Märchenkönig Ludwig II. vergleicht. Der "Kini" wird in der Biografie über Söder mit dem Satz zitiert: "Ein ewig‘ Rätsel will ich bleiben." Zumindest das Rätsel um die Kanzlerkandidatur löst sich spätestens Anfang 2021. Wie es im Inneren von Markus Söder aussieht, bleibt hingegen rätselhaft. Was treibt ihn an, für welche Werte brennt er? Stoff genug für weitere Biografien.

Roman Deininger, Uwe Ritzer: Markus Söder. Der Schattenkanzler. Droemer Verlag, 382 Seiten, 18 Euro.

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